Dorian Lötzer: Es ist wieder soweit. Nach langer Unsicherheit und viel Reisechaos sind wir wieder in der Lage, ins Ausland zu reisen. Und das bezieht sich nicht ausschließlich auf Urlaube. Viele von uns wollen das nachholen, was sie 2020 und 2021 nicht konnten: lange Zeit im Ausland leben.
Ein Weg, das zu machen, ist das Gap Year. Und das ist auch das Thema der heutigen Folge, weswegen ich jetzt versuche, alle Punkte zusammenzufassen, die man bei der Planung unbedingt beachten sollte.
Mein Name ist Dorian Lötzer. Willkommen bei Genau Genommen.
Zu einem Gap-Year gehört mehr als nur Koffer packen und los. Und es geht in der Regel auch nicht so spontan, wie man vielleicht vermuten würde.
Um dieses ganze Prozedere auseinander zu dröseln, habe ich mit Katharina Perrin von der Verbraucherzentale Baden-Württemberg gesprochen. Und sie hat mir erstmals erklärt, wo der Unterschied zwischen einem klassischen Gap-Year und einem verlängerten Urlaub im Ausland liegt.
Katharina Perrin: Also eine ganz harte Definition gibt es nicht. Aber so grob eingrenzen lässt sich das Gap Year schon. Eben es ist kein verlängerter Urlaub und wie das Wort hier schon sagt, ist in der Regel auch zeitlich so vom Umfang her alles, was länger als ein halbes Jahr bis Jahr ist. Und da geht es darum, Zeit im Ausland zu verbringen zwischen 2 Lebensabschnitten. In der Regel ist das jetzt bei uns nach dem Schulabschluss. Entweder man weiß schon ganz genau, dass man erstmal eine Pause möchte und ins Ausland gehen möchte oder man nutzt eben genau diese Zeit, um sich darüber klar zu werden, was man denn danach machen möchte. Und das ist so grob die Definition für das Gap-Year. Und in der Regel geht man da auch mit einer Organisation ins Ausland.
Dorian Lötzer: Was mich überrascht hat: Nach Katharina Perrins Erfahrungen lohnt es sich, ungefähr ein Jahr vor dem geplanten Start der Reise mit der Planung anzufangen. Das liegt daran, dass es einige verschiedene Aspekte gibt, die man berücksichtigen sollte. Und ein paar der wichtigsten möchte ich in dieser Folge darlegen. Es geht also um die Planung, um die wichtigsten Versicherungen und natürlich auch um die passenden Finanzen.
Aber am besten fangen wir vorne an: Die ersten und spannendste Fragen sind natürlich: Wo will ich hin? Was will ich da machen? Und wie komme ich dahin?
Was und wo muss letztendlich jeder selbst beantworten. Bei wie kann ich aber glücklicherweise eine Hilfestellung liefern. Viele werden nämlich mit einer Organisation zusammen angetreten – als Freiwilligenarbeit wie das freiwillige soziale oder ökologische Jahr. Das hat mehrere Vorteile: Zum Beispiel helfen solche Organisationen mit vielen Teilen der Planung.
Katharina Perrin: Also grundsätzlich ist es top, wenn man akkreditiert unterwegs ist, dass ein großer Teil der Planung übernommen wird, von den Veranstaltern und man da einfach noch ein bisschen Sicherheit hat, Und vielleicht auch so ein bisschen jemanden, der einen an die Hand nimmt bei der Planung. Wenn man selber noch Sachen zu erledigen hat, ist trotzdem jemand da der fragt „ist es denn erledigt?“
Aber es gibt noch einen weiteren Vorteil, wenn man akkreditiert unterwegs ist - zumindest muss man das prüfen, oder kann man das prüfen: Und zwar geht es da um die Weiterzahlung des Kindergeldes. Wenn ich auf eigene Faust unterwegs bin, kann es auch sein, dass die Familienkasse da kulant ist, aber eher selten. Wenn man aber als Zuge eines FSJ unterwegs ist, dann kann man sich das bestätigen lassen und weiterhin Kindergeld beziehen.
Dorian Lötzer: Selbstorganisierte Gap-Years, Au-Pair Programme oder Work-and-Travel genießen halt nicht die gleichen rechtlichen Vorteile wie akkreditierte Freiwilligendienste.
Hier muss ich dazusagen: Akkreditiert heißt, dass die Organisation anerkannt sein muss. Listen von den anerkannten Organisationen gibt es online und ich verlinke euch eine in den Shownotes.
Aber zur Organisation gehören natürlich nicht nur Transport, Unterkunft und Verpflegung, sondern auch die richtige Absicherung. Ich bin selbst viele Jahre im Ausland gewesen und kann sagen: Es kommt immer ein bisschen anders, als man erwartet. Und wenn man nicht in dem Land wirklich Zuhause ist, ist man froh um jede Unterstützung.
Versicherungen gibt es gefühlt unglaublich viele. Deswegen meine Frage: Welche Versicherung ist denn die wichtigste für ein Gap Year?
Katharina Perrin: Die allerwichtigste Versicherung ist die private Auslandskrankenversicherung. Und zwar nicht die für den Standardurlaub, den wir alle kennen, die Reisen, die Pauschalreisen ins Ausland. Sondern tatsächlich für die gesamte Länge des Aufenthaltes im Ausland. Also wirklich auch das ganze Jahr - die ganze Zeit, die ich im Ausland bin zusätzlich privat krankenversichert. Und da ist es wichtig, dass man dann auch noch ins Kleingedruckte guckt und schaut. Wir empfehlen da Krankenversicherungen, die nicht nur in medizinisch notwendigen Fällen zurückholen, sondern dann, wenn es auch sinnvoll ist. Also es einfach besser ist, wenn man zuhause behandelt wird. Gebrochenes Bein würden jetzt manche wahrscheinlich argumentieren, ist medizinisch nicht notwendig, dass man nach Hause kommt - ist kein akuter Notfall. Man kann auch irgendwo im Ausland mit einem Gips genesen. Da würde ich aber tatsächlich empfehlen, nochmal so in das Kleingedruckte zu gucken, was da tatsächlich angeboten und abgebildet wird.
Dorian Lötzer: Große grundsätzliche Unterschiede gibt es dabei zwischen den verschiedenen Anbietern nicht. Die Rückholung ist da echt schon der zentrale Teil, auf den man achten sollte. Klar, keiner geht davon aus, im Ausland so krank zu werden, dass man ungeplant wieder nachhause muss. Aber wenn es so kommt, kann es sehr schnell sehr teuer werden. Und auf den Kosten will keiner sitzenbleiben.
Katharina Perrin: Natürlich gibt es Versicherungen, die wir auf jeden Fall noch empfehlen und zwar das ist eine Haftpflichtversicherung, denn Unfälle können immer passieren - sowohl im In- als auch im Ausland. Und dann muss irgendjemand haften für den Schaden, der an Dritten möglicherweise passiert ist und das kann ziemlich teuer werden, vor allem, wenn eben Menschen auch zu Schaden kommen. Und da greift auf jeden Fall die Haftpflichtversicherung, wenn eine vorliegt.
Es gibt Haftpflichtversicherungen, die die Kinder auch über die Eltern im Ausland mitversichern. Da muss man aber auch in die eigene Police gucken ob das der Fall ist. Ansonsten muss man extra eine oder sollte man extra eine abschließen.
Dorian Lötzer: Das ist ein guter Ratschlag: Als erstes mal in die bestehenden Versicherungen von sich oder den Eltern schauen und überprüfen, ob diese alles abdecken, dass ich brauche. Aber nicht alle Versicherungen sind so wichtig wie die Kranken- oder Haftpflichtversicherung. Es gibt auch welche, bei denen man sich gut überlegen sollte, ob sie für einen notwendig sind.
Katharina Perrin: Grundsätzlich ist es ja nicht so, dass wir gar keine Versicherungen empfehlen oder um Gottes Willen davon abraten. Aber man sollte schon definitiv abwägen, ob etwas sinnvoll ist, vor allem dann eben im für das Gap Year im Ausland. Oft sind Gepäckversicherungen eher unnötig. Also meistens kommt Gepäck ja einfach verspätet nach, wenn es verloren geht und nicht gar nicht. Und oft sind sie unverhältnismäßig teuer eigentlich dafür, was dann in dem Koffer drin ist. Ja, es gibt natürlich Menschen, die kommen ohne ihr teures Tablet oder auch ihr sehr wertiges Smartphone im Ausland nicht aus. Dann steigt natürlich der Wert zum Beispiel des Hausrates. Und wenn das der Fall ist, dann kann man natürlich gucken, „lohnt sich eine Hausratversicherung?“ Einbruchdiebstahl kann immer vorkommen hier zu Hause, aber auch im Ausland und dann lohnt sich das möglicherweise extra eine Hausratversicherung dafür abzuschließen. Aber in der Regel hat man eigentlich in so einem Gap hier, in einem möblierten Zimmer nicht so wertigen Hausrat, dass es sich wirklich lohnen würde. Also auch da muss man einfach abwägen „was nehme ich da mit, wieviel ist es wert? Lohnt sich darüber, eine Hausratversicherung abzuschließen oder eben nicht?“
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Dorian Lötzer: Je nachdem, wo die Reise hingeht, lohnt es sich neben den Versicherungen, sich auch zu überlegen, wie man mit dem eigenen Geld umgehen möchte.
Katharina Perrin: Also tatsächlich bin auch ich noch mit Tausenden von Lire in Italien unterwegs gewesen und kenne das auch noch mit den Bergen von Bargeld irgendwo versteckt - und auch in Kleinen Bündeln verteilt, das nicht ein Bündel auf einmal verloren geht. Das ist ja heute wirklich nicht mehr üblich. Wir empfehlen einfach, wenn man es schon hat, das deutsche Girokonto einfach weiterlaufen zu lassen. Innerhalb Europas, also innerhalb der EU, gibt es sowieso selten Einschränkungen jetzt bei der Benutzung der Girocard oder aber auch der Kreditkarte, falls sie in dem Alter schon vorhanden ist.
Da sollte man aber trotzdem gucken, ob nicht ein lokales Konto für die lange Zeit günstiger wäre als die Kosten, die dann anfallen für Abbuchungen für Einzugsermächtigungen und so weiter und sofort. Da muss man einfach gucken, wie die Gebühren aussehen, die sehen ja auch bei jeder Bank anders aus, da können wir jetzt auch nicht das ideale Rechenbeispiel machen oder so. Das ist tatsächlich vom eigenen Anbieter einfach abhängig. Aber grundsätzlich sollte das deutsche Konto behalten werden.
Dorian Lötzer: Hier ist zu unterscheiden: Reise ich innerhalb der EU oder außerhalb? Wenn man in EU-Ländern unterwegs ist, kommt man nämlich meist mit dem deutschen Girokonto klar und kann in der Regel auch mit der Girokarte Geld abheben. Außerhalb der EU sieht es schon anders aus:
Katharina Perrin: In manchen Ländern eignet sich tatsächlich die Kreditkarte deutlich besser als die Girokarte, vor allem auch außerhalb des EU-Auslandes und da sollte man aber schon vorher noch mal prüfen: Was sind da möglicherweise versteckte Kosten, die auf einen zukommen? Das ist eigentlich was wir so an die Hand geben und empfehlen. Natürlich gibt es Länder, in denen kann man auch gar nicht vorher schon das Geld - oder für die kann man gar nicht vorher schon das Geld tauschen. Dann macht man es eben erst vor Ort, einfach um ein bisschen Bargeld so ein Notgroschen dazu haben.
Dorian Lötzer: Was die Finanzen angeht, sollte man halt überprüfen: „Welche Gebühren und Funktionen hat mein deutsches Konto? Reicht in dem Ausland meine Girokarte oder brauche ich doch eher eine Kreditkarte? Kann ich von dort aus über Online-Banking alles verwalten? Oder brauche ich tatsächlich ein lokales Konto?“
Die Antworten sind je nach Situation unterschiedlich. Oft lohnt es sich, ein lokales Konto anzulegen, auf das man in größeren Abständen (zum Beispiel einmal im Quartal) das Budget vom deutschen überweist. Damit spart man in der Regel die ganzen Gebühren, die entstehen, wenn man lokal mit der deutschen Karte bezahlt und Geld abhebt. Als Basis sollte man aber das Konto in Deutschland behalten.
Dabeihaben sollte man auf jeden Fall die Notfallnummer der Bank, um schnell das Konto sperren zu lassen, wenn man seine Karte verliert. Auch den TAN-Generator, um vor Ort in das eigene Online-Banking zu kommen, sollte man mitnehmen.
Natürlich gibt es neben Versicherungen und Finanzen andere Punkte, die das eigene Gap-Year beeinflussen. Ein paar der wichtigsten hat Katharina Perrin aufgezählt.
Katharina Perrin: Also grundsätzlich bevor man ins Gap Year geht und sich verabschiedet und sagt „so ich bin jetzt mal weg!“ Sollte man sich noch Gedanken drüber machen: „Welche Verträge, die ich zuhause habe, sind sinnvoll, dass sie weiterlaufen lasse? Welche kann ich kündigen?“ Manche Jugendlichen haben schon einen eigenen Netflix Account, der muss nicht weiterlaufen, kann aber, weil er ja auch im Ausland genutzt werden kann. Wobei da natürlich die Frage ist „wie siehts da aus mit stabilem Internet, Streaming usw.?“ Auch da kann man sich natürlich vorab Informationen holen.
Aber grundsätzlich sollte man auch noch drüber nachdenken: „Welche Impfungen habe ich? Welche sind vielleicht sogar für das Land, in das ich gehe empfohlen?“ Nicht alle Impfungen, die wir hier so standardmäßig in Deutschland haben, reichen aus für‘s Ausland. Da ist es sinnvoll, sich noch vorab (und zwar rechtzeitig) Gedanken zu machen, dass der Impfschutz dann auch greift, wenn ich ins Ausland gehe. Dann ist auch die Frage: „Bin ich volljährig? Habe ich schon einen Führerschein? In welches Ausland gehe ich?“ Im EU-Ausland reicht unser deutscher Führerschein, außerhalb der EU ist häufig ein internationaler Führerschein notwendig. Den muss man auch rechtzeitig beantragen. Und das sind solche Dinge, die sinnvoll sind, vorab zu prüfen. Und natürlich „wie lange im Voraus sollte ich mein Visum beantragen, falls ich in ein Land gehe, in dem ein Visum nötig ist? Läuft mein Kindergeld weiter in der Zeit?“
Und natürlich, weil wir es gerade vorhin schon hatten Handy, Handyvertrag: „Kann ich dort in dem Ausland mit meinem Vertrag telefonieren und auch so, dass es kostenverträglich ist? Ist es sinnvoller, sich vor Ort dann einfach eine SIM-Karte zu organisieren?“ Internationales Roaming kann schnell ziemlich teuer werden.
Also, das sind alles so Fragen, die sollte ich vorab abklopfen und das auch rechtzeitig. Aber dafür haben wir ja tatsächlich auch auf unserer Webseite eine Checkliste zum Download im Angebot, damit man da auch nichts vergisst und einem nichts hinten runterfällt und man gut gewappnet ist für das Gap Year.
Dorian Lötzer: Für wen das alles zu schnell war: Keine Sorge, auf unserer Website gibt es eine Checkliste, die nochmal alle Punkte, die man in der Planung klären sollte, auflistet. Diese und weitere Infos verlinke ich euch in den Shownotes.
Aber, um das Ganze nochmal zusammenzufassen, hier die wichtigsten Fragen, die man sich stellen sollte:
- Wohin will ich und was will ich da machen?
- Was brauche ich alles, um die Einreisebestimmungen zu erfüllen?
- Habe ich eine Auslandskranken- und Haftpflichtversicherung?
- Wie will ich mit meinen Finanzen umgehen? Brauche ich eine Kreditkarte? Will ich ein lokales Konto eröffnen?
- Welche meiner laufenden Verträge kann ich kündigen, während ich im Ausland bin?
Wenn man die Antworten auf diese Fragen gefunden hat, ist man schon ein ganzes Stück weiter in der Vorbereitung für das eigene Gap-Year.
Wenn euch diese Folge gefallen hat, würde ich mich freuen, wenn ihr den Podcast in eurem Lieblingsplayer abonniert. Mehr Informationen gibt es auf Verbraucherzentrale.de und in den Shownotes. Kontaktieren kann man uns über podcast@vz-bln.de.
Mein Name ist Dorian Lötzer und heute haben wir das Gap Year genau genommen.