Der BGH hat entschieden, dass ärztliche Aufklärungsformulare nicht uneingeschränkt der Prüfung durch das AGB unterliegen, sondern vielmehr eigene, durch die Rechtsprechung entwickelte Grundsätze gelten.
Die Verbraucherzentrale NRW hat gegen den Bundesverband der Augenärzte Deutschlands e.V. geklagt. Dieser hält für seine Mitglieder eine Patienteninformation vor. In dieser werden die Patient:innen zunächst darüber aufgeklärt, dass ab einem Alter von 40 Jahren die Gefahr besteht, dass sich ein Glaukom (sog. Grüner Star) entwickelt, ohne dass frühzeitig Symptome auftreten. Auf der Seite 2 der Patienteninformation soll der/die Verbraucher:in zunächst bestätigen, dass er/sie die Information gelesen hat und darüber aufgeklärt wurde, dass die Früherkennungsuntersuchung ärztliche geboten ist. Im Folgenden soll der/die Verbraucher:in sich dann entscheiden, ob er/sie eine solche Untersuchung durchführen möchte. Sollte er/sie sich dagegen entscheiden, soll er auch dieses ankreuzen und durch seine Unterschrift kenntlich machen. Dafür enthält das Formular folgende auswählbaren Passagen:
"Ich habe die Patienteninformation zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom) gelesen und wurde darüber aufgeklärt, dass trotz des Fehlens typischer Beschwerden eine Früherkennungsuntersuchung ärztlich geboten ist."
"Ich wünsche eine Untersuchung zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom)."
"Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung".
Die Verbraucherzentrale NRW war der Ansicht, dass dadurch die Beweislast zu Lasten der Verbraucher:innen verschoben wird und durch die Formulierung „ärztlich geboten“ ein unzulässiger Druck zum Abschluss des Vertrages ausgeübt wird. Der BGH widersprach dem und entschied, dass dem vom Patienten unterzeichnete bzw. gerade nicht unterzeichnete Aufklärungsformular eine besondere Bedeutung gewinne. Dies sei auch vom Gesetzgeber durch die Einführung des Patientenrechtegesetzes so vorgesehen. Dieses Aufklärungs- und Beweisregime sei durch die angegriffenen Klauseln nicht verändert oder ergänzt. Er ist daher der Ansicht, dass „gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB eine Kontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 §§ 308, 309 BGB nicht stattfindet."
Eine Unwirksamkeit gem. § 4a UWG (aggressive geschäftliche Handlung) käme ebenfalls nicht in Betracht. Dies sei schon dadurch ausgeschlossen, dass eine Beseitigung der unzulässigen Beeinflussung, die auf einen Vertragsschluss abzielt, durch die Unwirksamkeit der Klausel bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Patienteninformation im Übrigen (§ 306 Abs. 1 BGB) nicht möglich sei.
BGH vom 02.09.2021 (III ZR 63/20)