Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.10.2021, Az. I ZR 96/20
Vorinstanzen:
OLG Köln, Urteil vom 13.05.2020 6 U 300/19
LG Köln, Urteil vom 03.12.2019, 81 O 72/19
Wenn die Dienstleistung, also beispielsweise die Montage, den Kaufvertrag über eine Ware lediglich ergänzt, liegt ein Kaufvertrag vor. Wenn die Montage aber erforderlich ist, um ein funktionstüchtiges Werk herzustellen, dann liegt ein Werkvertrag vor.
Nach § 312g Abs. 1 BGB steht Verbraucher:innen bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ein Widerrufsrecht zu. Über dieses Widerrufsrecht muss der Anbieter informieren. Bei Kaufverträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und nach der Bestimmung oder Auswahl des Kunden individuell angefertigt werden, besteht jedoch kein Widerrufsrecht, vgl. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Bei Werkverträgen, mit denen die Erstellung eines individuellen Werkes/Produktes vertraglich außerhalb von Geschäftsräumen vereinbart wird, steht Verbraucher:innen hingegen ein Widerrufsrecht zu.
Die Abgrenzung von Kaufverträgen zu Werkverträgen ist damit wesentlich zur Feststellung, ob Verbraucher:innen ein Widerrufsrecht zusteht.
Das Berufungsgericht hatte in seiner Entscheidung auf den Wert der Dienstleistung im Verhältnis zum Wert der Ware abgestellt, bzw. darauf, dass die Dienstleistung, also die Montage der Ware, auch durch ein beliebiges Fachunternehmen hätte ausgeführt werden können. Diese Kriterien halten der Überprüfung des Bundesgerichtshofes nicht stand.
Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist der Schwerpunkt des jeweiligen Vertrages zu ermitteln, so der BGH. Liegt der Schwerpunkt nicht auf der Übertragung des Eigentums und des Besitzes, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werkes, so ist von einem Werkvertrag auszugehen.
Bei der Bestellung eines Kurventreppenliftes liegt der Schwerpunkt nicht in der Übereignung der einzelnen, individuell gefertigten Laufschienen und weiteren Einzelteile. Die individuell anzufertigende Laufschiene und das Einpassen in das Treppenhaus spricht für das Vorliegen eines Werkvertrages. Der Einbau des Treppenliftes als funktionsfähige Einheit steht gegenüber der Lieferung der Einzelteile deutlich im Vordergrund.
Zum Volltext der Entscheidung:
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2021 (Az. I ZR 96/20)