Hafer, Kokos, Mandel, Reis, Soja: Milchersatzprodukte unter der Lupe

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Nicht von der Kuh, sondern aus Pflanzen: Das Angebot an Milchersatzprodukten ist groß und unübersichtlich. Eine Marktstichprobe der Verbraucherzentrale NRW zeigt, worauf Sie achten sollten, wenn Sie Kuhmilch durch Pflanzendrinks ersetzen wollen.
Auf schwarzem Hintergrund stehen Gläser mit milchigen Flüssigkeiten sowie Haferkörner, Sojabohnen, Reiskörner, Mandeln und eine Kokosnuss.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Nährstoffgehalt von Pflanzendrinks ist nicht mit dem von Kuhmilch vergleichbar.
  • Milch und Milchprodukte sind wichtige Quellen für Calcium, Jod, Vitamin B12 und B2. Wer sie vollständig durch Pflanzendrinks ersetzt, sollte möglichst zu angereicherten Produkten greifen.
  • Bio-Drinks dürfen laut EU-Verordnung nicht angereichert werden.
  • Pflanzendrinks schneiden in Punkto Nachhaltigkeit besser ab als Kuhmilch.
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Das Angebot an Pflanzendrinks ist mittlerweile groß und die Vielfalt wächst. Statt Kuhmilch schwenken Verbraucher:innen immer häufiger auf pflanzliche Alternativen um. Hinter der Kaufentscheidung für Milchersatzprodukte stehen häufig Gründe wie Klima- und Tierschutz, aber auch die Gesundheit spielt eine Rolle. Zu Recht?

Was steckt drin?

Pflanzendrinks ersetzen in der Ernährung von immer mehr Menschen die Kuhmilch. Die Einsatzmöglichkeiten in der Küche sind durchaus vergleichbar. Doch eignen sich die Drinks auch aus gesundheitlicher Sicht als Ersatz für Milch?

Der Gehalt verschiedener Pflanzendrinks an Fetten, Proteinen, Kohlenhydrate und Energie unterscheidet sich je nach Hauptzutat erheblich. Daher tragen sie auch in unterschiedlichem Maße zur Deckung des individuellen Bedarfs bei. Die Vielfalt der Produkte wächst stetig, mittlerweile gibt es u. a. Drinks auf Basis von Hafer, Soja, verschiedenen Nüssen, Reis, Dinkel, Hirse, Erbsen, Buchweizen und Kokos.

Der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen bei Pflanzendrinks ist aufgrund der unterschiedlichen Rohstoffbasis mit den Gehalten in Kuhmilch kaum vergleichbar. Milch und Milchprodukte spielen eine wichtige Rolle für die Deckung des Calciumbedarfs, tragen aber auch zur Versorgung mit anderen Nährstoffen bei wie Jod, Vitamin B12 und Vitamin B2. Pflanzendrinks enthalten ohne Anreicherungen in der Regel keine relevanten Mengen dieser Nährstoffe. Ein Pluspunkt für Pflanzendrinks ist allerdings ihr geringer Gehalt an gesättigten Fettsäuren. Sie enthalten zudem kein Cholesterin und liefern Ballaststoffe, auch wenn die Gehalte meist nicht hoch sind.

Wer nur geringe Mengen oder gar keine Milch und Milchprodukte zu sich nimmt, sollte darauf achten, den Bedarf einzelner Nährstoffe aus anderen Quellen zu decken. Eine naheliegende Möglichkeit sind gezielt angereicherte Pflanzendrinks. Ob sich die Produkte auf dem Markt dafür eignen, haben wir überprüft.

Deshalb sind die Nährstoffe wichtig

Kuhmilch ist ein wichtiger Lieferant für eine Reihe von Nährstoffen. Eine besondere Rolle spielen dabei Calcium, Jod, Vitamin B12 und Vitamin B2:

Calcium

Milch und Milchprodukte spielen eine zentrale Rolle bei der Deckung des Calciumbedarfs. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt zwei Portionen Milch- oder Milchprodukte am Tag zu verzehren, nicht zuletzt um den Calciumbedarf zu decken. Eine dauerhaft zu niedrige Calciumzufuhr kann dazu führen, dass Knochenmasse abgebaut wird und die Knochen instabil werden.

Jod

Die Jodversorgung in Deutschland ist nicht optimal und war in den letzten Jahren rückläufig. Laut Daten des Robert-Koch-Instituts haben rund 32 Prozent der Erwachsenen und 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Jodunterversorgung. Wichtig für eine ausreichende Versorgung ist vor allem die Verwendung von Jodsalz im Privathaushalt, aber auch bei der Herstellung von verarbeiteten Lebensmitteln. Neben Fisch tragen auch Milchprodukte zur Versorgung bei. Der Jodgehalt ist hier allerdings schwer schätzbar. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Ersatzprodukten für tierische Lebensmittel fordert die Weltgesundheitsorganisation die Anreicherung von Pflanzendrinks mit diesem kritischen Nährstoff.

Vitamin B12

Vitamin B12 ist nur in tierischen Lebensmitteln in relevanten Mengen enthalten, wobei Milch und Milchprodukte zu etwa einem Drittel zur Versorgung beitragen. Personen, die sich vegan ernähren, sind auf Vitamin B12 in Form von Nahrungsergänzungsmitteln angewiesen. Vegetarier:innen, die nur wenige tierische Lebensmittel zu sich nehmen, haben allerdings ebenfalls ein Risiko, nicht optimal versorgt zu sein.

Vitamin B2

Milch- und Milchprodukte sind in Deutschland die wichtigste Quelle für Vitamin B2. Da es vor allem in tierischen Lebensmitteln vorkommt, ist Vitamin B2 vor allem bei den Menschen ein kritischer Nährstoff, die keine oder nur wenig tierische Lebensmittel zu sich nehmen.

Marktcheck der Verbraucherzentrale NRW

Im Sommer 2024 führte die Verbraucherzentrale NRW eine Marktstichprobe zu pflanzlichen Milchersatzprodukten durch. Im Fokus stand dabei die Anreicherung mit einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen, um die Eignung der Produkte als Ersatz für Kuhmilch zu prüfen.

Von Juli bis September 2024 nahm das Team 160 Pflanzendrinks von 22 verschiedenen Herstellern unter die Lupe, die in Supermärkten, Discountern und Bioläden vertrieben werden. 76 Prozent der Produkte stammten aus ökologischer und 24 Prozent aus konventioneller Herstellung. Mit 70 Prozent bestand der überwiegende Teil der Stichprobe aus Markenprodukten, die übrigen 30 Prozent waren Eigenmarkenprodukte großer Handelsketten.

Ergebnisse der Stichprobe

Mit 76 Prozent stammte der Großteil der betrachteten Produkte aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft. Unter den Eigenmarkenprodukten war der Anteil der Bio-Produkte mit 94 Prozent sogar besonders hoch. Bei lediglich 6 Prozent der Bio-Produkte konnte eine Anreicherung mit Calcium festgestellt werden, die anderen betrachteten Nährstoffe wurden in keinem Biodrink zugesetzt. Der Grund ist ein generelles Supplementationsverbot bei Bioprodukten, welches in der EU-Bio-Verordnung 2018/848 geregelt ist.

Sonderfall Calciumanreicherung von Bio-Drinks mit Rotalgen

Nach Inkrafttreten der neuen Bio-Verordnung, die auch die Verwendung von Algen regelt, erschien es möglich, Bio-Pflanzendrinks gemahlenes Lithothamnium (calciumcarbonathaltige Reste der abgestorbenen Seealge) aus Bio-Produktion als Zutat zuzusetzen. Die EU-Kommission hat allerdings im Dezember 2023 klargestellt, dass die Hauptfunktion von Lithothamnium in verarbeiteten Lebensmitteln der Zusatz von Calcium ist. Damit vertritt sie die Auffassung, dass das Algenpulver unter das Anreicherungsverbot fällt. Dagegen laufen derzeit einige Klagen.

Calciumanreicherung in konventionellen Pflanzendrinks

Mit 87 Prozent (33 Produkte) wurde ein Großteil der konventionellen Drinks mit Calcium angereichert. Dabei wurde mehrheitlich die Calciumverbindung Calciumcarbonat verwendet. In sechs Drinks wurde dagegen Tricalciumphosphat zugesetzt, welches schlechter vom Körper aufgenommen werden kann. Bis auf zwei Ausnahmen wurden in allen Drinks 120 mg Calcium pro 100 ml zugesetzt, was der enthaltenen Menge in Kuhmilch entspricht.

Anreicherung von konventionellen Drinks mit Jod, Vitamin B12 und Vitamin B2

Nur 29 Prozent (11 Produkte) der betrachteten konventionellen Drinks waren mit Jod angereichert. Bei Vitamin B12 waren es immerhin 71 Prozent (27 Produkte), während rund die Hälfte mit Vitamin B2 angereichert wurde.

Diskussion

Die aktuelle Stichprobe macht deutlich, dass nur ein eher kleiner Teil der Pflanzendrinks mit potentiell kritischen Nährstoffen angereichert ist. Dies überrascht nicht, da Bioprodukte einen Großteil der auf dem Markt befindlichen Pflanzendrinks ausmachen und einem generellen Anreicherungsverbot unterliegen. Da der Nährstoffgehalt von Pflanzendrinks nicht mit dem von Kuhmilch vergleichbar ist, können Pflanzendrinks ohne Anreicherungen die teilweise große Bedeutung von Milch bei der Versorgung mit einzelnen Nährstoffen nicht ohne weiteres ersetzen.

Das Risiko einer Unterversorgung mit einzelnen Mikronährstoffen wird zusätzlich durch die Tatsache verschärft, dass die tendenziell günstigeren Produkte der Eigenmarken überwiegend Bioprodukte darstellen. Verbraucher:innen, die preisbewusst einkaufen (müssen), werden also eher zu nicht angereicherten Bio-Eigenmarkenprodukten greifen.

Mit Blick auf die zunehmende Beliebtheit und den steigenden Absatz pflanzlicher Milchersatzprodukte sollte eine Anreicherung mit den Nährstoffen Calcium, Jod, Vitamin B12 und B2 bei Produkten, die Milch(-produkte) ersetzen sollen, konsequent in Höhe der Gehalte in Kuhmilch durchgeführt werden. Aus rechtlichen Gründen ist dies bei Bio-Produkten derzeit nicht umsetzbar.

Tipps zur Wahl eines Pflanzendrinks als Milch-Ersatz

  • Pflanzendrinks, die mit Calcium, Jod, Vitamin B12 und B2 angereichert sind, unterstützen bei der Deckung des Nährstoffbedarfs, wenn keine oder nur wenige Milchprodukte gegessen werden. Solche Drinks findet man allerdings nur als konventionell hergestellte Produkte.
  • Wenn Sie Bio-Pflanzendrinks bevorzugen, sollten Sie darauf achten, die Versorgung mit potentiell kritischen Nährstoffen anderweitig sicher zu stellen.
  • Schütteln Sie die angereicherten Drinks vor dem Verzehr gut, da sich Calcium aufgrund der schlechten Wasserlöslichkeit am Boden absetzen kann.
  • Calciumcarbonat und Lithothamnium calcareum (enthält Calciumcarbonat) können vom Körper besser aufgenommen werden als Tricalciumphosphat. Achten Sie daher auf die Zutatenliste.
  • Drinks auf Basis von Hülsenfrüchten enthalten meist mehr Proteine als Drinks auf Getreide- oder Nussbasis und können daher einen Beitrag zur Proteinversorgung leisten. Ein Vorteil für Personen, die sich ansonsten eher proteinarm ernähren.

Nachhaltigkeit von Pflanzendrinks

Klimaschutz ist einer der wichtigsten Gründe für den Kauf von Pflanzendrinks. Sie verursachen pro Liter nur etwa ein Viertel bis die Hälfte der Treibhausgasemissionen von Kuhmilch. Selbst Pflanzendrinks auf Basis von Kokosnüssen, die nur in tropischen Regionen wachsen, schneiden hinsichtlich der CO2-Bilanz besser ab als Kuhmilch.

Wichtig zur Einschätzung der Nachhaltigkeit ist die Herkunft der Zutaten, die jedoch nicht immer angegeben wird. Lassen Sie sich nicht von Angaben wie "Hergestellt in Deutschland" auf den Holzweg führen. Dadurch kann leicht der Eindruck entstehen, dass auch die Rohstoffe in Deutschland angebaut wurden. Tatsächlich kann der Hinweis einfach nur bedeuten, dass der Drink in Deutschland abgefüllt, verpackt und/oder aus importierten Rohstoffen hergestellt wurde. Für eine nachhaltige Wahl sind Produkte aus möglichst regional angebauten Zutaten die beste Wahl. Das kann im Falle von Hafer durchaus Deutschland sein, bei Soja, Reis und Mandeln muss das Verständnis von Nachhaltigkeit in der Regel auf Europa ausgedehnt werden. Kokosnüsse werden nur in tropischen Regionen angebaut. Wer also Wert auf die regionale Herkunft und kurze Transportwege legt, sollte sich nach anderen Pflanzendrinks umschauen.

Im Falle von Reisdrinks ist es besonders sinnvoll, auf die europäische Herkunft zu achten. Reis aus Europa wird in der Regel im Trockenanbau-Verfahren erzeugt und ist dadurch deutlich klimafreundlicher als asiatischer Reis.

Mandeldrinks haben den Nachteil, dass für den Anbau der Mandeln sehr viel Wasser verbraucht wird. Das ist ein ökologisches Problem, denn Mandeln wachsen in warmen Regionen, wo das Wasser knapp ist, wie in Kalifornien und der Mittelmeerregion. Die Wasserbilanz von Mandeldrinks kann schlechter sein als die von Milch.

Bei Angaben zur CO2-Bilanz ist Aufmerksamkeit gefragt: Beziehen sie sich auf den Pflanzendrink oder unter Umständen nur auf die Verpackung? Mehr zu Klimawerbung finden Sie auf dieser Seite und hier das Thema Greenwashing.

Wissenswertes zu Pflanzendrinks

Drink, nicht Milch

Der Begriff Milch ist ebenso wie Joghurt, Sahne, Butter und Käse gesetzlich geschützt (VO (EU) 1308/2013, Käse-Verordnung). Er darf nur für Produkte verwendet werden, die aus dem Gemelk von Säugetieren wie Kuh, Büffel, Schaf oder Ziege gewonnen wurden. Daher sind Bezeichnungen wie Hafermilch, Mandelmilch, Reismilch oder Sojamilch nicht erlaubt. Der Begriff "Kokosmilch" hingegen ist (wie auch Kakao- oder Erdnussbutter) seit vielen Jahren durch eine Ausnahmeregelung zulässig.

Zucker in Pflanzendrinks

Werbebotschaften wie "ohne Zuckerzusatz" oder "ungesüßt" können zu der falschen Annahme verleiten, die Produkte seien insgesamt zuckerarm und damit eher zu empfehlen. Diese Aussagen bedeuten jedoch nur, dass kein zusätzlicher Zucker hinzugefügt wurde. Es kann aber trotzdem Zucker enthalten sein. Der Zuckergehalt schwankt je nach Sorte bzw. verwendetem Rohstoff. Ein "ungesüßter" Drink kann durchaus mehr Zucker beinhalten als ein gesüßter Drink auf Basis eines anderen Rohstoffs. Daher empfiehlt sich immer ein Blick auf die Nährwerttabelle. Dort ist der tatsächliche Zuckergehalt angegeben.

Produktgestaltung

Die Verpackungen von Pflanzendrinks sind in der Vergangenheit häufig durch eine unübersichtliche und überladene Gestaltung aufgefallen – das kann schnell nerven. Werbeaussagen, Siegel, Bilder, "frei von"-Kennzeichnungen, Legenden, verschiedene Sprachen, Farben und Formen erschwerten die Orientierung. Kleine "Geschichten" und "Storytelling"-Elemente zur emotionalen Ansprache konnten zusätzlich von relevanten Kennzeichnungselementen wie dem Zutatenverzeichnis, Angaben zur Herkunft der Zutaten oder der offiziellen Produktbezeichnung ablenken. Details lesen Sie in unserer Marktstichprobe aus März 2021.

Unser Tipp: Orientieren Sie sich auf der Rückseite oder seitlich auf der Verpackung, denn dort befindet sich häufig die offizielle Produktbezeichnung und meist direkt darunter das Zutatenverzeichnis.

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