Das Pulver enthält verschiedene Pflanzenalkaloide. Regulierungen oder Standardisierungen gibt es nicht, so dass der Wirkstoffgehalt sehr unterschiedlich und die Wirkung unkontrollierbar sein kann. Auch Verunreinigungen sind möglich. Derzeit wertet die FDA in den USA alle verfügbaren wissenschaftlichen Informationen zu diesem Thema aktiv aus und warnt die Verbraucher:innen weiterhin davor, Produkte mit Kratom oder seinen psychoaktiven Verbindungen Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin zu verwenden.
Hinzu kommt, dass immer wieder Kratom-Produkte mit massiver Salmonellenbelastung gefunden wurden. Einige Produkte enthielten auch problematisch hohe Mengen der giftigen Schwermetalle Blei und Nickel.
Wie ist die Rechtslage?
Zunächst einmal ist es fraglich, ob Kratom überhaupt ein Lebensmittel – und Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel wie Brot oder Gemüse – sein kann. Da ein regelmäßiger Verzehr in der EU von Mai 1997 nicht nachgewiesen werden kann, handelt es sich um ein neuartiges Lebensmittel und das Pflanzenpulver müsste zunächst eine Sicherheitsprüfung durch die EU durchlaufen, bevor es als Lebensmittelzutat zugelassen werden könnte. Ein entsprechender Antrag ist bisher nicht erfolgt. Deswegen (unzulässige neuartige Zutat) gab es im Europäischen Schnellwarnsystem RASFF alleine in den ersten fünf Monaten 2023 15 Warnmeldungen dazu.
Mit Blick auf eine mögliche Einstufung als Betäubungsmittel wurde eine Entscheidung der Betäubungsmittelkommission 2010 vertagt. Auf der 51. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel 2019 wurde über den Tagesordnungspunkt "Aktueller Sachstand zur Wirkung und Verbreitung von Kratom" lediglich beraten, aber kein Beschluss gefasst. Nach Meinung der Autoren des arznei-telegramms (2018) erscheint aber auch hierzulande aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes die Listung von Kratom als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel geboten.
Im März 2022 hat die Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen in ihrer 28. Sitzung (TOP 13) beschlossen, Kratom als neues Thema für ihre Arbeit aufzunehmen. Vorangegangen war eine Marktuntersuchung durch die deutsche Internetüberwachungstelle G@ZIELT in 2021.
In anderen Ländern (z.B. Schweiz, Australien, Großbritannien, Dänemark, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Schweden, USA) gehört Kratom zu den zu kontrollierenden Substanzen (ähnlich Drogen), ist also kein legales Nahrungsergänzungsmittel. In 2021 wurden alleine in den USA 207.000 Packungen mit Kratom beschlagnahmt. Insgesamt haben mehr als 30 Staaten (darunter Japan, Serbien, Kroatien und Syrien) eigene Gesetze zur Kontrolle des Kratom-Konsums.
Im Heimatland Thailand waren der Besitz und der Konsum seit 1943 verboten. Dort gibt es jetzt seit August 2021 ein eigenes Gesetz zum Gebrauch und zur Kontrolle von Kratom. Es ist nun erlaubt, Kratom anzubauen, die Blätter zu verkaufen und zu konsumieren. Der Verkauf und der Konsum von aus den Blättern hergestellten Konzentraten ist aber weiterhin illegal. Der Verkauf an Personen unter 18 Jahren und Schwangere, online, in Schulen und Parks ist verboten.
Quellen:
Nahrungsergänzungsmittel Kratom: FDA warnt vor tödlichen Risiken. arznei telegramm 49 (6), 55-56, 2018
FDA (2023): FDA and Kratom, Stand: 21.07.2023, abgerufen am 13.12.2023
FDA: Laboratory Analysis of Kratom Products for Heavy Metals, Stand: 03.04.2019, abgerufen am 13.12.2023
FDA: Adverse Event Reporting System: Kratom Deaths, Stand: 15.12.2017, abgerufen am 13.12.2023
FDA (2021): FDA Announces Seizure of Adulterated Dietary Supplements Containing Kratom, Stand: 29.10.2021, abgerufen am 13.12.2023
Osborne CS et al. (2019): Drug-induced liver injury caused by Kratom use as an alternative pain treatment amid an ongoing opioid epidemic. J Investig Med High Impact Case Rep 7
Palasandrum SS et al. (2019): Legally kethal kratom: a herbal supplement with overdose potential. J Psychoactive Drugs 51: 28-30
MedWatch: Blätter des Kratom-Baums: Gefährlich statt gesund, Stand: 22.08.2022, abgerufen am 13.12.2023
35. Sitzung des Sachverständigenausschusses nach § 1 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) am 03.05.2010, abgerufen am 13.12.2023
51. Sitzung des nach § 1 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und nach § 7 Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) zu hörenden Sachverständigenausschuss am 06.05.2019, abgerufen am 13.12.2023
Ergebnisprotokoll zur 28. Sitzung der Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen, Kommission zur Einstufung von Borderline-Stoffen, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in den Verkehr gebracht werden, des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, 10.03.2022, abgerufen am 13.12.2023
Anfrage an das BfArM: Aktueller Sachstand zur Wirkung und Verbreitung von Kratom. Stand: 16.04.2021, abgerufen am 13.12.2023
Brendler M (2019): Kratom: Nahrungsergänzungsmittel mit lebensgefährlichen Nebenwirkungen. Medical Tribune online, Stand: 15.11.2019
Thailand legalisiert Kratom. Der Farang, Stand: 25.08.21, abgerufen am 13.12.2023
PharmaWiki: Kratom, Stand: 05.01.2022, abgerufen am 13.12.2023
Negt A: Verunreinigungen vs. Rausch. Kratom: Herbal Speed mit Risiken. pta live, Stand: 04.03.2022, abgerufen am 13.12.2023
Memorial Sloan Kettering Cancer Center: Kratom. Purported Benefits, Side Effects & More. For Healthcare Professionals.Stand: 01.01.2020, abgerufen am 13.12.2023
RASFF: Meldungen zu Mitragyna speciosa vom 01.01.2023 bis 13.12.2023
Gemeinsame Zentralstelle „Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse“, Jahresbericht 2021, Stand: 21.12.2022, S. 11-12, abgerufen am 13.12.2023