- EU-Verbandsklage: Neues starkes Mittel für mehr Verbraucherschutz
Im Jahr 2018 wurde in Deutschland die Musterfeststellungsklage eingeführt. Sie ermöglicht, dass Einrichtungen wie die Verbraucherzentralen zentrale Rechts- und Tatsachenfragen in einem Gerichtsverfahren klären lassen, die viele Verbraucher:innen gemeinsam betreffen. Die konkreten Ansprüche eines jeden Einzelnen müssen die Betroffenen im Nachgang jedoch selbst vor Gericht einklagen – solange kein Vergleich erzielt wurde. Mit der neuen EU-Verbandsklage wird das anders. Mit dieser neuen Sammelklage können Verbraucherverbände auch direkt Schadensersatz oder zum Beispiel Rückzahlungsansprüche an Verbraucher:innen einklagen, ohne dass diese noch einmal selbst vor Gericht ziehen müssen. Sammelklagen könnten zum Beispiel bei unzulässigen Preiserhöhungen eines Energieanbieters oder falsch erhobenen Sparzinsen bei einer Bank eingesetzt werden. Wichtig ist, dass die Sammelklage schnell und unkompliziert funktioniert und mit geringen Hürden verbunden sein wird. Die neue Regelung soll am 25.06.2023 in Kraft treten.
- Höhere Beiträge bei Gebäudeversicherung erwartbar
Die Beiträge für Wohngebäudeversicherungen werden voraussichtlich im kommenden Jahr fühlbar ansteigen. Auslöser ist zum einen die Flutkatastrophe im Sommer 2021 mit den daraus resultierenden Regulierungskosten der Versicherer. Rund 91.000 versicherte Wohngebäude wurden beschädigt oder zerstört. Zum anderen belastet die Rekordinflation auch die Versicherer, da bei Reparaturen die Handwerks-, Material- und Baukosten steigen. Zusätzlicher Preissteigerungsfaktor: Auch die Rückversicherer, bei denen sich Versicherungsunternehmen selber absichern, werden mit Verweis auf die hohe Inflation und zunehmende Risiken durch Naturkatastrophen, geopolitische Krisen oder Cyberattacken künftig höhere Beiträge verlangen. Betroffene sollten ihren Beitrag für die Gebäudeversicherung im Blick halten und können - nach einem Bedingungs- und Beitragsvergleich – den Anbieter wechseln. Sollte es Kredite geben, die über das Grundbuch des Hauses abgesichert sind, sollte ein Versicherungswechsel aber mit langer Vorlaufzeit erfolgen. Denn die Gläubiger solcher Kredite müssen der Kündigung des bestehenden Gebäudeversicherungsvertrages zustimmen.
- Auch viele Kfz-Versicherungen werden teurer
Viele Kfz-Versicherungen werden 2023 teurer. Hier spielen die großen Hagelschäden vor allem an Kraftfahrzeugen im Juni 2021 eine entscheidende Rolle, aber auch die hohe Inflation der vergangenen Monate, durch die die Kosten für Schadensregulierungen ansteigen. Hinzu kommt eine Einstufung in teurere Regionalklassen bei 10,1 Millionen Kraftfahrzeugen. Regionalklassen spiegeln die Schadensbilanzen von Regionen im Haftpflicht- und Kaskobereich wider. Je mehr Schäden verursacht wurden, desto teuer wird es auch für den Einzelnen zukünftig in diesen Regionen. Regelmäßig Tarife zu vergleichen lohnt sich: Wenn der Versicherungsbeitrag steigt und erfährt man dies erst im Dezember, gibt es ein Sonderkündigungsrecht. Regulär müssen die meisten Verträge jedoch bis zum 30. November des Jahres gekündigt werden (Eingang bei der Versicherung), nämlich wenn die Versicherungslaufzeit dem Kalenderjahr entspricht.
- Neues Bürgergeld statt Hartz IV
Zum 1. Januar 2023 wird das Bürgergeld die bisherige Grundsicherung ersetzen. Die Freibeträge auf Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro sollen auf 30 Prozent steigen, um den Anreiz, eine Tätigkeit aufzunehmen, zu erhöhen. Zudem soll ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro bei Aufnahme von abschlussbezogenen Weiterbildungen eingeführt werden. Nachdem die Gesetzesvorlage im Bundesrat keine Mehrheit gefunden hatte, einigten sich Regierung und Opposition auf einen Vermögensfreibetrag von 40.000 Euro für einen Single und 15.000 Euro für jede weitere Person im Haushalt sowie auf die Beibehaltung der Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten ab dem ersten Tag des Leistungsbezugs. Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW fehlt in der Neuregelung eine Haushaltsenergiepauschale, um die hohen Strompreise abzufedern. Diese Pauschale sollte sich dynamisch am Strompreis orientieren.
- Mehr Wohngeld für mehr Menschen
Das Wohngeld wird ab dem 1. Januar 2023 deutlich erhöht, und zwar um durchschnittlich rund 190 Euro pro Monat. Die konkrete Summe hängt von Einkommen, Miete, Wohnort ab und ist individuell sehr unterschiedlich. Ausgeweitet wird zudem der Kreis der Berechtigten. Es soll etwa zwei Millionen Menschen zugutekommen statt bisher rund 600.000. Vorgesehen ist, dass eine Heizkostenkomponente die stark gestiegenen Heizkosten berücksichtigt. Zudem soll es einen Zuschuss geben, der Mieterhöhungen, die in Folge von energetischen Sanierungen erfolgt sind, ausgleicht. Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt diese Neuerung, fordert aber eine Vereinfachung der Anträge und eine schnellere Antragsbearbeitung, damit die Hilfen noch diesen Winter ankommen.
- Gas- und Kernenergie bei der Geldanlage
Auf dem geplanten Weg zur Klimaneutralität gibt es ab dem 1. Januar 2023 weitere Regelungen bei der Taxonomie. Ab diesem Zeitpunkt werden in dem Klassifizierungssystem der EU bestimmte Gas- und Kernenergietätigkeiten in der EU als nachhaltig eingestuft. Neue Offenlegungspflichten sorgen hier aber für mehr Transparenz. Anleger können dann vor der Geldanlage leichter erkennen, ob und wie beide Energiequellen enthalten sind. Wer Gas- und Kernenergie ablehnt, kann so von der Investition Abstand nehmen.
- Anhebung des monatlich pfändungsfreien Betrags
Zum 1. Juli 2023 wird die Pfändungsfreigrenze turnusmäßig angepasst. Schuldner:innen können mit einer deutlichen Erhöhung des Freibetrags rechnen. Die genaue Höhe wird im April 2023 bekannt gegeben. Erhöht werden sowohl die pfandfreien Grund- als auch die Mehrbeträge, zum Beispiel für Unterhaltspflichten. Die neuen Pfändungsfreigrenzen gelten ohne Übergangsregelung und müssen automatisch sowohl von Arbeitgebern bei Lohnpfändungen und Lohnabtretungen als auch von Kreditinstituten bei einem Pfändungsschutzkonto beachtet werden.
Die Grafiken auf dieser Seite sind im Rahmen eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geförderten Projekts entstanden.