Schneller, effizienter - und trotzdem nachhaltig? Wie sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit in Einklang bringen lassen.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Die zunehmende Digitalisierung führt zu erhöhtem Energieverbrauch und CO2-Ausstoß.
- Digitale Produkte können den Ressourcenverbrauch aber auch minimieren, wenn sie richtig genutzt und lange verwendet werden.
- Bewusstes Konsumverhalten, energieeffiziente Geräte, die Reparatur defekter Waren und der Kauf von gebrauchten Produkten sind wichtige Schritte in diese Richtung.
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Sprachassistenten erledigen unsere Einkäufe, intelligente Thermostate heizen die Wohnung, Roboter saugen Staub und mähen den Rasen. Was vor einigen Jahren noch wie Zukunftsmusik klang, wird in immer mehr Haushalten zum Alltag.
Die “alltägliche Arbeitserleichterung“ hat jedoch ihren Preis. Weltweit steigt der Bedarf an Rechenzentren und damit auch der Stromverbrauch. Allein in Deutschland verbrauchten Rechenzentren im Jahr 2022 rund 18 Milliarden Kilowattstunden Strom. Das ist deutlich mehr als der Stromverbrauch der gesamten Stadt Berlin im selben Jahr.
Parallel zum steigenden Stromverbrauch nimmt auch der Ressourcenverbrauch zu. Die Herstellung von elektronischen Geräten erfordert große Mengen an Rohstoffen wie Metallen, Kunststoffen und Seltenen Erden.
Digitalisierung nachhaltig gestalten
Steht also die Digitalisierung im Widerspruch zur Nachhaltigkeit? Das muss nicht sein. Die Herstellung eines neuen Produkts ist zwar zunächst mit einem höheren Ressourcenverbrauch verbunden. Viele dieser digitalen Geräte können aber bei richtiger Nutzung und langer Lebensdauer auch dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch zu minimieren.
Dadurch können die Umwelt- und Arbeitsbedingungen vor Ort verbessert werden. Wenn der Lebenszyklus des Produkts beendet ist, muss es wiederverwertbar sein und somit in den Abfallkreislauf zurückgeführt werden.
Anhand von 3 Beispielen zeigen wir Probleme und mögliche Lösungen auf.
Einmal um die ganze Welt - Wie nachhaltig ist ein Smartphone?
Auf den ersten Blick besteht ein Smartphone aus Plastik, Glas und etwas Metall. Tatsächlich aber finden sich in einem Smartphone rund 60 verschiedene Stoffe, davon ca. 30 Metalle, und Bauteile von rund 270 Zulieferern. Allein das Bauteil für den Vibrationsalarm besteht aus etwa 20 Einzelkomponenten.
Die dazu benötigten Rohstoffe wie Kupfer, Silber, Gold, Aluminium und Coltan stammen häufig aus den ärmsten Regionen der Welt und werden unter gefährlichen und oft menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut, teilweise sogar in Konfliktgebieten. In einigen Fällen wurde Kinderarbeit aufgedeckt. Viele der verwendeten Rohstoffe können nicht künstlich hergestellt werden. Anschließend werden die Rohstoffe verarbeitet und über weite Strecken transportiert.
- Längere Nutzungsdauer gut für die Umwelt
Nach einer Prognose von Bitkom werden 2023 allein in Deutschland 21,4 Millionen neue Smartphones verkauft. Das bedeutet einen Umsatz von etwa 12 Milliarden Euro.
Aus der Studie ergibt sich auch, dass Smartphones inzwischen etwas länger genutzt werden als noch im Vorjahr. Je leistungsfähiger und je weniger reparaturanfällig Smartphones sind, desto länger scheint die Nutzungsdauer zu sein. Das wiederum wirkt sich positiv auf den ökologischen Fußabdruck aus.
- Nachhaltige Smartphone & Co. nutzen: Das können Sie tun
Es liegt in der Verantwortung der Hersteller, langlebige und leicht reparierbare Geräte herzustellen sowie für ausreichend lange Zeit Ersatzteile vorzuhalten und Updates anzubieten. Doch Sie haben es auch selbst in der Hand, Ihr Konsumverhalten nachhaltiger zu gestalten.
Das können Sie selbst für eine nachhaltige Digitalisierung tun:
- Nachhaltige Produkte auswählen
Neben der Nutzungsdauer spielen bereits beim Kauf Kriterien wie eine möglichst nachhaltige Produktion der Geräte eine große Rolle. Es muss auch nicht immer das neueste Modell sein. Werfen Sie zudem auch einen Blick auf den Zweitmarkt. Eine Studie dazu hat ergeben, dass die meisten Kunden mit gebrauchten Geräten gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht haben.
- Reparieren statt wegwerfen
Werfen Sie defekte Smartphones nicht gleich weg. Es lohnt sich, sie zu reparieren, z. B. in Repair-Cafés.
- Reparierbare Geräte kaufen
Achten Sie beim Kauf auf die Reparierbarkeit von Elektrogeräten. Seit März 2021 werden Hersteller dabei stärker in die Pflicht genommen.
Wie nachhaltig sind Streaming-Dienste?
Home-Office und Videokonferenzen, Online-Gaming oder Filme streamen – digitale Cloud-Dienste begleiten unseren Alltag - und liefern Einsparpotentiale beim Energieverbrauch.
Durch Videokonferenzen können beispielweise Reisen vermieden werden. Durch Online-Spiele oder das Streamen von Filmen müssen keine Ressourcen für Verpackung und Transport von Spielen oder Filmen aufgebracht werden.
Doch ganz ohne Energie geht es auch beim Streamen nicht. Für die Nutzung digitaler Dienste wird an vielen Stellen Energie benötigt. Das verursacht ebenfalls Treibhausgas-Emissionen und vergrößert den ökologischen Fußabdruck.
Wir zeigen Ihnen, an welchen Stellen Energie verbraucht wird, wie Sie nachhaltiger streamen und dadurch auch den Geldbeutel schonen können.
- Wann wird beim Streaming Energie verbraucht?
Vermutlich machen sich die wenigsten Verbraucher:innen beim Streamen Gedanken darüber, wieviel Energie für das Anschauen eines Films aufgewendet wird. Energie wird beim Streamen jedoch gleich an verschiedenen Stellen gebraucht:
- für die Geräte, die zum Abspielen genutzt werden,
- für die Netze, die die Daten übertragen und
- für die Rechenzentren, in denen die Server stehen.
Zwar werden die Rechenzentren immer effizienter, doch die Datenmengen, die sie zu bewältigen haben, nehmen zu. Zugleich steigt die Video- und Audioqualität der gestreamten Medieninhalte, was die Datenmenge zusätzlich in die Höhe treibt.
Der konkrete Energiebedarf hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. davon, wie die Daten übertragen werden, auf welchem Endgerät und mit welcher Auflösung geschaut wird.
Eine Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamts hat ergeben, dass je nach Übertragungstechnik unterschiedlich viel Treibhausgasemissionen entstehen. Die geringste CO2-Belastung entsteht, wenn das Video über einen Glasfaser-Anschluss gestreamt wird. Auch eine Übertragung über ein Kupferkabel ist sparsamer als über Mobilfunk.
In Mobilfunknetzen gibt es ebenso große Unterschiede. So wird bei einer Datenübertragung mit der 5G-Technik deutlich weniger verbraucht als bei einer Übertragung mit UMTS (3G).
Auch das Endgerät und die Auflösung des Videos haben Einfluss auf den Energiebedarf und den CO2-Fußabdruck. Laut einer Studie der Bitkom benötigt das Streaming mit SD-Auflösung auf einem Smartphone, Tablet oder Notebook beispielsweise deutlich weniger Energie als das klassische Fernsehen oder das Abspielen einer DVD auf einem größeren Flachbildfernseher.
Und generell gilt: Je geringer die Auflösung des Videos ist, desto weniger Energie muss beim Streamen aufgebracht werden.
- Nachhaltig Streamen: Das können Sie tun
Bereits mit wenigen, einfachen Maßnahmen können Sie nicht nur stromsparender und somit umweltbewusster, sondern auch kostengünstiger streamen:
- Streamen Sie eher über das Festnetz, gegebenenfalls in Kombination mit WLAN. Das benötigt deutlich weniger Energie als eine Übertragung über Mobilfunk. Bei Mobilfunknetzen sind moderne Funknetze wie 5G am sparsamsten.
- Stellen Sie eine geringere Auflösung des Videos ein. Viele Videos müssen nicht in 4K oder gar 8K-Bildauflösung wiedergegeben werden. Häufig reicht bereits HD.
- Suchen Sie gezielt nach Anbietenden, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen benutzen. Achten Sie beim Neukauf auf energieeffiziente Geräte.
- Haben Sie sich auch schon manchmal dabei ertappt: Sie schauen fern und surfen parallel im Internet (man spricht vom Second Screen)? Es ist besser, wenn Sie Ihre volle Aufmerksamkeit nur einem Medium widmen. Denn: Mit einem halben Ohr zuhören, verbraucht doppelt so viel Energie.
Wie nachhaltig ist Online-Shopping?
Immer mehr Verbraucher:innen möchten auch im Internet nachhaltig konsumieren und interessieren sich für die Bedingungen, unter denen Konsumgüter hergestellt, transportiert und später wieder entsorgt werden. Mehr als die Hälfte sind bereit, ihr Konsumverhalten zugunsten des Klimaschutzes zu verändern.
Gleichzeitig wünschen sie sich aber auch einen reibungslosen, ungestörten und verbraucherfreundlichen Online-Einkauf, was teilweise im Widerspruch zum Gedanken des nachhaltigen Konsumierens steht.
- Retouren-Problematik im Onlinehandel
Im Online-Handel haben Verbraucher:innen ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Viele der gekauften Waren können innerhalb dieser Frist ohne Angabe von Gründen zurückgeschickt werden. In Deutschland ist diese Rücksendung in der Regel kostenlos.
2021 wurden in Deutschland schätzungsweise 1,3 Milliarden bestellte Artikel an den Verkäufer zurückgeschickt. Auf diese Rücktransporte gehen geschätzt 795.000 Tonnen CO2-Emissionen zurück. Erschreckend: 17 Millionen zurückgesendete Artikel wurden nicht weiterverkauft, sondern weggeworfen. Nach den Daten der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg ist Deutschland damit Retouren-„Europameister“.
Die verbraucher- und damit konsumfreundlichen Regelungen stehen somit teilweise im Widerspruch zum Umweltschutz, der die Natur vor den möglichen Risiken der Produktions- und Konsumgesellschaft bewahren möchte.
- Nachhaltig online shoppen: Das können Sie tun
- Bewusstes Shoppen im Internet vermeidet unnötige Retouren. Überlegen Sie vor der Bestellung, wie viele Sachen Sie wirklich benötigen. Kaufen Sie nur solche Dinge online, die es im Laden um die Ecke nicht gibt. Damit stärken Sie auch Ihre Händler:innen vor Ort.
- Beachten Sie beim Kauf von Haushaltsgeräten die entsprechenden Energie-Labels. Das senkt Ihren Stromverbrauch und damit auch Ihre Kosten.
- Liefern Verkäufer:innen eine mangelhafte Ware, haben Sie ein Wahlrecht zwischen Umtausch oder kostenloser Reparatur. Überlegen Sie, ob letztere Option für Sie in Frage kommt.
- Sie können Sachen im Internet auch gut gebraucht kaufen. Das ist nachhaltig und kostengünstig.
- Wie viele Gegenstände brauchen Sie wirklich täglich? Tauschen, teilen und mieten sind umweltschonende Alternativen zum Kauf.
- Versuchen Sie, Spontankäufe zu vermeiden und achten Sie auf die typischen Anzeichen von Lockangeboten.
Wie nachhaltig sind Apps?
Ein Fitness-Tracker, das witzige Spiel aus der Werbung oder der Sprachkurs für den nächsten Urlaub: Neue Apps sind schnell auf dem Smartphone installiert. Doch wenn die erste Begeisterung verflogen ist, bleiben die kleinen Programme oft ungenutzt auf dem Handy. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auf privat genutzten Smartphones in Deutschland durchschnittlich 31 Apps befinden.
Dabei gibt es gute Gründe, das Smartphone regelmäßig zu entrümpeln. Denn Apps belegen Speicherplatz, sammeln unbemerkt private Daten und bremsen gerade ältere Geräte merklich aus.
Weniger installierte Programme bedeuten auch weniger potenzielle Sicherheitslücken, die ausgenutzt werden könnten. Zudem erleichtert ein aufgeräumtes Handy mit nur den nötigsten Apps die Bedienung. Und nicht zuletzt: Werden nicht genutzte Apps konsequent gelöscht, hält auch der Akku länger durch.
- Wie verbrauchen Apps Energie?
Vor allem Social-Media- und Messenger-Apps verbrauchen überdurchschnittlich viel Energie, da sie Benachrichtigungs- und Ortungsdienste nutzen und dabei permanent Daten übertragen. Die Stromfresser unter Ihren Apps finden Sie, indem Sie in den Einstellungen nach Akku (Android) oder Batterie (iPhone) suchen.
Die meisten App-Inhalte werden in der Regel nicht auf dem Smartphone selbst, sondern auf externen Servern gespeichert. Das gilt auch für die Werbung, die über die Apps ausgespielt wird. Das bedeutet: Der Löwenanteil des Energieverbrauchs fällt in den Rechenzentren weltweit und bei der Datenübertragung zum Handy an. Auch hier ist die Übertragung über mobile Datennetze energieintensiver als über WLAN.
Weitere Informationen gibt es in diesem Video.
- Apps nachhaltig nutzen: 5 Tipps
- Löschen Sie ungenutzte Apps. Das sorgt für mehr Speicherplatz, mehr Geschwindigkeit und mehr Sicherheit.
- Wenn möglich, nutzen Sie für den Internetzugang WLAN statt mobiler Daten. Die Datenübertragung über WLAN verbraucht weniger Energie.
- Aktivieren Sie Push-Benachrichtigungen nur für wichtige Apps und schalten Sie Ortungsdienste nur bei Bedarf ein. Gehen Sie dazu in die Einstellungen Ihres Smartphones und suchen Sie den Begriff Standort (Android) oder Ortungsdienste (iPhone).
- Einige Apps bieten die Möglichkeit, Inhalte auf dem Gerät zu speichern und so auch offline zu nutzen. Dies ist vor allem bei datenintensiven Medien wie Musik- und Videodateien, Hörbüchern und Podcasts, aber auch bei Kartendaten von Navigations-Apps sinnvoll.
- Bevorzugen Sie werbefreie Apps oder blockieren Sie Werbung - das spart Energie und bremst Datensammler aus.