Lebensmittel aus der Hanfpflanze liegen im Trend. Aber nicht alle Teile der Hanfpflanze dürfen verwendet werden. Neben wertvollen Nährstoffen können in einigen Produkten gesundheitlich beeinträchtigende Mengen des psychoaktiven Stoffes THC (Tetrahydrocannabinol), aber auch zu hohe Mengen an CBD enthalten sein.
Hanfsamen, Hanfblätter-Tee und Co.
Hanfhaltige Lebensmittel sind im Trend und erobern die Regale von Super- und Getränkemärkten, Bio-Läden und Internet-Shops. Angeboten werden Hanfsamen, Hanföl, Hanfmehl, Hanfölgranulat zur Teebereitung, Back- und Teigwaren, Schokolade, Süßwaren, Kräutertees, Müsliriegel und Senf mit Hanf, Hanfgetränke wie Bier oder Limonade, Spirituosen und auch Nahrungsergänzungsmittel, wie zum Beispiel CBD-Öl, Hanföl-Kapseln oder Hanf-Protein-Pulver. Selbst Grillwurst mit Hanföl ist im Angebot.
Vorrangig befinden sich Lebensmittel auf dem Markt, die als Zutat Hanfsamen bzw. das aus Hanfsamen gewonnene Protein oder Öl in den Produkten enthalten. Hanfsamen enthalten ähnlich wie zum Beispiel Nüsse, Lein- und Sesamsamen hochwertiges Fett, Protein, Vitamine sowie Ballast- und Mineralstoffe. Der Proteinanteil liegt je nach Produkt zwischen 20 und 35 Prozent. Hanfsamenöl enthält einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren (ca. 80 Prozent) und für die Ernährung wertvolle Anteile an den essentiellen Fettsäuren Linolsäure (ca. 60 Prozent) und α-Linolensäure (ca. 20 Prozent), einer Omega-3-Fettsäure. Weiterhin ist das Öl reich an B-Vitaminen und Vitamin E, sowie den Mineralstoffen Calcium, Magnesium und Eisen.
In der Werbung und in Internetforen werden Hanfsamen zahlreiche gesundheitliche Wirkungen zugesprochen. Unter anderem sollen sie dazu beitragen, dass sich die Muskeln nach einer Belastung erholen, und sowohl beim Abnehmen helfen als auch den Blutdruck, den Cholesterinspiegel sowie den Blutzuckerwert senken. Dies ist aber wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Folglich hat die EU keine Aussage zu einer etwaigen Gesundheitswirkung von Hanfsamen bzw. daraus gewonnenem Öl zugelassen.
Je nach der Zusammensetzung ihres Produktes dürfen Hersteller aber einzelne Nährwerteigenschaften hervorheben: etwa "hoher Ballaststoffgehalt", "reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren", "natürliche Proteinquelle" oder "reich an Omega-3-Fettsäuren".
Hanfblätter und Hanfblüten dagegen sind als neuartig einzustufen. Einem "Cannabis Gin", der beides (mit anderen Zutaten) zum Destillieren verwendete, wurde daher vom LUA Sachsen das Inverkehrbringen untersagt.
Darüber hinaus enthalten Blätter und Blüten im Gegensatz zu den Hanfsamen sogenannte Cannabinoide. Einige davon können die Psyche beeinflussen (psychoaktive "Rausch-"Substanzen wie THC). Durch den Kontakt mit diesen cannabinoidhaltigen Pflanzenteilen, beispielsweise bei der Ernte, können auch die Samen mit THC verunreinigt (kontaminiert) werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat daher Fragen und Antworten zu den gesundheitlichen Risiken von hanfhaltigen Lebensmitteln zusammengestellt. Die Verwendung von THC-haltigem Hanf/Cannabis in Lebensmitteln ist weiterhin verboten.
Untersuchungen des BfR haben gezeigt, dass durchschnittlich etwa 0,5 Prozent des Δ9-THC aus dem Hanftee in den Tee-Aufguss übertreten.
Am 24. März 2021 hat der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs BGH in einer Grundsatzentscheidung (6 StR 240/20) festgestellt, dass der Verkauf von Hanftee (auch wenn er aus THC-armem Nutzhanf gewonnen wurde) nicht erlaubt ist und als strafbares Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gilt.
Der Verkauf von trinkfertigem Hanftee (Aufguss von Nutzhanfblättern oder -blüten) oder die Verwendung in einer Limonade gilt nicht als Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, könnte aber ein Verstoß gegen die Verordnung über neuartige Lebensmittel sein, wonach diese Lebensmittel eine Zulassung benötigen würden. Ein mit entharzten Hanfblüten (anstelle von Hopfen) hergestelltes Bier gab es allerdings bereits vor 1997.
Das Verwaltungsgericht Trier (6 K 3630/21.TR) hat am 11.03.2022 entschieden, dass Lebensmittel wie Tofu oder Pflanzendrinks, denen mittels Beimischung von Hanfextrakten CBD zugesetzt wird, neuartige Lebensmittel sind und in der EU nur mit spezieller Zulassung in Verkehr gebracht werden dürfen.
Sportler:innen aufgepasst
Achtung: Der Konsum von Hanfprodukten kann bei Sportler:innen zum Nachweis von verbotenen Cannabinoiden im Urin z.B. Cannabidivarin (CBDV), Cannabichromen (CBC), Cannabidivarinsäure (CBDVA), Cannabinol (CBN), Cannabigerol (CBG), Cannabinolsäure (CBDA) und Cannabigerolsäure (CBGA) führen. Ganz besonders gilt das natürlich bei der Verwendung von CBD-Produkten.
Rauscherzeugendes THC in hanfhaltigen Lebensmitteln
Tetrahydrocannabinol (THC) zählt zu den Cannabinoiden, die die Psyche beeinflussen - im Gegensatz zu Cannabidiol (CBD). Heutige Faserhanfsorten (Nutzhanf, nicht zu verwechseln mit dem Hanf für die Drogen-Produktion) weisen mit weniger als 0,3 Prozent einen niedrigen THC-Gehalt gemäß der EU-Vorgaben auf. Anderer Hanf darf in Europa nicht angebaut werden.
Hanfsamen enthalten natürlicherweise kein THC. Allerdings können sie bei der Ernte mit THC-reichen Pflanzenteilen (Blüten, Blätter oder Stängel) in Berührung kommen. Dadurch kann THC durchaus in messbaren Mengen in kommerziell erhältlichen Hanfsamen und daraus hergestellten Lebensmitteln zu finden sein. So gibt es wegen zu hohen THC-Gehalts immer mal wieder Produktrückrufe z.B. für Hanföle.
Eine Untersuchung von Ökotest im Oktober 2022 hat in fünf von 10 Hanfsalatölen einen höherer THC-Gehalt gefunden als gedacht. Es handelt sich hierbei um eine Kontamination der Samen mit THC, die zustande kommen kann, wenn die Samen während der Ernte oder der Produktion mit den Blättern oder Blüten in Berührung kommen. Die enthaltenen Mengen sind aber zu gering, um berauschend zu wirken. Ein getestetes Hanföl allerdings überschreitet die akute Referenzdosis (ARfD, 1 μg Δ9-THC/kg Körpergewicht) der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA schon beim Verzehr von zwei Esslöffeln Öl, vier weitere Produkte schöpfen sie bei derselben geringen Menge schon zu mehr als der Hälfte aus.
Ganz vermeiden lässt sich eine Kontamination mit THC nicht – alle Produkte im Test enthielten mindestens Spuren.
Seit 1. Januar 2023 gilt ein EU-einheitlicher THC-Höchstwert für Hanfsamen (3 mg/kg), gemahlene und oder (teilweise) entfettete Hanfsamen und ausschließlich aus Hanfsamen gewonnene Erzeugnisse (3 mg/kg) sowie für Hanfsamenöl (7,5 mg/kg) (VO (EU) 2023/915). Einen europaweit vereinheitlichten Grenzwert für THC in sonstigen Lebensmitteln gibt es weiterhin nicht. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat THC-Richtwerte für Lebensmittel abgeleitet. Sie sind zur Orientierung für die Hersteller und die Lebensmittelüberwachung gedacht.
- 5 Mikrogramm (µg) je Kilogramm (kg) für nicht alkoholische und alkoholische Getränke
- 150 µg/kg für alle anderen Lebensmittel
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt dazu, dass es nach derzeitigem Wissensstand nicht mit bedenklichen Wirkungen rechne, sofern die Richtwerte eingehalten werden. Allerdings betont die Behörde, dass die Richtwerte nur vorläufig seien, da noch nicht endgültig geklärt sei, wie stark einzelne Wirkungen durch THC von der Dosis abhängig seien. Laut BfR werden die Richtwerte jedoch häufig überschritten. Dies ist vor allem bei hanfhaltigen teeähnlichen Erzeugnissen der Fall, die insbesondere aus Hanfblättern und ggf. Hanfblüten bestehen, in denen THC natürlicherweise enthalten ist. (Tee als Getränk ist kein Problem, da THC kaum wasserlöslich ist). Sehr hohe THC-Gehalte wurden bei hanfhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln ermittelt. Hier überschritten laut Stellungnahme des BfR 94 Prozent der Proben den Richtwert.
Kürzlich veröffentlichte Untersuchungsergebnisse des CVUA Karlsruhe zeigen Beanstandungen bei 55 von 91 hanfhaltigen Lebensmitteln. 40 % der Produkte wurden als nicht sicher beurteilt.
Gerade bei Menschen, die viele Hanfprodukte - vor allem Nahrungsergänzungsmittel - verzehren, bei Kindern oder Schwangeren sind dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich. Sie können durch alkoholische Getränke und bestimmte Arzneimittel noch verstärkt werden. Umgekehrt kann THC auch die Wirkung von Medikamenten wie Herzmitteln oder Blutgerinnungshemmern beeinflussen.
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat vor psychoaktiven Stoffen in Lebensmitteln und den damit verbundenen Risiken insbesondere für Kinder gewarnt. Lebensmittel wie Süßigkeiten wie Fruchtgummis, Cornflakes oder andere Nahrungsmittel, die mit dem natürlichem Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC) angereichert sind, werden über Onlineshops sowie in sozialen Netzwerken vertrieben. Die Verpackungen sind oft bekannten Markenprodukten nachempfunden, sodass Kinder die Produkte leicht verwechseln können. Der Erwerb ist in Deutschland illegal. Beim Verzehr alltagsüblicher Mengen haben diese Lebensmittel eine berauschende Wirkung.
THC in Milch durch hanfhaltige Futtermittel
In der Tierernährung sind Hanf und daraus hergestellte Erzeugnisse vielfältig verwendbar. In einer Studie aus 2022 hat das BfR festgestellt, dass selbst ein geringer Zusatz an Nutzhanf-Silage zur Tagesration für Milchkühe dazu führt, dass Cannabinoide, darunter auch das Δ9-THC, in der Milch nachgewiesen werden können.
Auch bei den Kühen selber kommt es zu Verhaltensänderungen: War eine vergleichsweise hohe Konzentration an Cannabinoiden in der Nutzhanf-Silage enthalten, verlangsamten sich Atmung und Herzschlag. Die Kühe wurden schläfrig, unsicher in der Bewegung, fraßen weniger und gaben weniger Milch. Demnach sind die Beeinträchtigungen der Tiergesundheit offenbar durch die Cannabinoid-Konzentration in der Silage bedingt, die ihrerseits von vielen Faktoren abhängt.