Granatapfel wird mit positiven Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und antioxidativen Wirkstoffen beworben. Was ist da dran?
Was steckt hinter der Werbung zu Granatapfel?
Granatapfel als Nahrungsergänzungsmittel ist in Form von Kapseln sowie als Granatapfelsaft und Saftkonzentrat erhältlich. Den Produkten werden wundersame Wirkungen nachgesagt. So sollen sie Prostata- und Brustkrebs bremsen, Herz-Kreislauf-Beschwerden lindern, den Blutdruck senken und anti-entzündlich wirken. Außerdem soll durch die Einnahme die Entstehung von Thrombosen, Lungenembolie, Schlaganfall und Herzinfarkt verhindert und Infekte abgewehrt werden. Beworben wird der Granatapfel auch im Zusammenhang mit der sexuellen Gesundheit von Männern.
Eindeutige wissenschaftliche Belege, die für Empfehlungen ausreichen, gibt es dafür bislang aber nicht. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat die wissenschaftliche Studienlage im Jahr 2010 überprüft. Danach haben weder extrahierte Inhaltsstoffe noch der Saft eine positive Wirkung auf Herz-Kreislauf-Gesundheit, Blut-Cholesterin oder Blutzucker. Aussagen zu glatterer, weicherer Haut und dem Verschwinden von Fältchen konnten nicht belegt werden und sind verboten. Nachweise zu positiven Auswirkungen auf die Potenz und die Beweglichkeit der Spermien sowie für die antioxidative Wirkung liegen ebenfalls nicht vor. Auch Jahre später lassen sich viele der versprochenen gesundheitlichen Wirkungen nicht belegen. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass ein erhöhter Blutdruck durch das regelmäßige Trinken von Granatapfelsaft etwas sinken könnte.
Laut Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) liegen nicht genügend Daten aus klinischen Studien mit Krebserkrankten vor, um sichere Aussagen zu Granatapfel treffen zu können. In der derzeit gültigen S3-Leitlinie "Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen" wird für Männer mit Prostatakrebs daher weder eine Empfehlung für noch gegen eine Einnahme von Granatapfelsaft-Extrakt ausgesprochen.
Auf was sollte ich bei dem Verzehr von Granatapfel-Produkten achten?
- In Nahrungsergänzungsmitteln wird meistens der konzentrierte oder fermentierte und gefriergetrocknete Saft der Kerne eingesetzt. Der Verzehr von Granatapfel als Frucht und Saft gilt allgemein als sicher.
- Dagegen ist bislang nicht abschließend belegt, ob dies auch auf den dauerhaften Verzehr von isolierten Granatapfel-Inhaltsstoffen zutrifft. Für medizinische Studien kommen beispielsweise auch Polyphenole bzw. Zubereitungen aus Rinde, Blüten, Schale, Kernen und Granatapfelkernöl zum Einsatz.
- Fallberichte zeigen, dass es zwischen Granatapfelsaft und bestimmten Medikamenten zu ähnlichen Wechselwirkungen wie bei Grapefruitsaft kommen kann. Durch die Hemmung wirkstoffabbauender Enzyme in Darm und Leber baut der Körper bestimmte Medikamente (z.B. Sildenafil (Viagra®) und Blutgerinnungshemmer mit den Wirkstoffen Phenprocoumon/Warfarin) im Körper langsamer ab. Nehmen Sie gleichzeitig Granatapfelsaft oder granatapfelhaltige Nahrungsergänzungsmittel mit Medikamenten ein, sollten Sie daher sicherheitshalber ärztlichen Rat suchen.
- Granatapfelsäfte, vor allem aber Nahrungsergänzungsmittel in Form von Konzentraten und Pulvern, werden meist über das Internet vertrieben. Teilweise wird über hochgradige Verfälschungen von Granatapfelsaft berichtet. Es werden Fremdfrüchte wie Trauben, Kirschen und Äpfel sowie künstlicher Farbstoff, Zucker und Säuren eingesetzt. Außerdem wurden Angebote von rückverdünntem Konzentrat als Direktsaft beobachtet. Achten Sie auf jeden Fall darauf, wie hoch der Granatapfel-Anteil im Produkt ist. Angaben finden Sie in der Zutatenliste. Fehlen diese, wird Granatapfel nur als Geschmacksgeber in winzigen Mengen verwendet.
- Granatapfel enthält relativ viel Zucker, deswegen sollten Menschen, die an Diabetes leiden, vorsichtig mit dem Verzehr von vor allem Granatapfelsaft sein. Achtung: Nahrungsergänzungsmittel müssen keine Angaben zum Zucker- oder Kaloriengehalt machen. Vor allem in Pulvern können größere Mengen Zucker (auch als Dextrose oder Maltodextrin) enthalten sein.
Was sind Granatapfel-Nahrungsergänzungsmittel?
Der Granatapfel stammt aus West- bis Mittelasien und wächst im tropischen bis subtropischen Klima. Heute wird er auch im Mittelmeerraum, vor allem in der Türkei, angebaut. Von der apfelähnlichen, rötlichen Scheinfrucht werden nur die tiefroten fleischig ummantelten Kerne (Samen) gegessen. Je nach Sorte haben diese ein süßliches oder säuerliches Aroma. Die Schale und das helle Fruchtfleisch sind bitter und nicht genießbar. Geerntet werden Granatäpfel zwischen Oktober und Januar. Die Früchte reifen nach der Ernte nicht nach. Für Nahrungsergänzungsmittel wird der Saft der Kerne konzentriert oder fermentiert und gefriergetrocknet angeboten.
Granatapfelkernöl gilt dagegen nach EU-Novel-Food-Katalog als neuartige Zutat und ist ohne eine Zulassung weder in Nahrungsergänzungsmitteln noch in sonstigen Lebensmitteln erlaubt.
Welche Inhaltsstoffe sind in Granatapfel enthalten?
Zu den Inhaltsstoffen des Granatapfels gehören neben den Mineralstoffen Kalium, Calcium, Eisen und Phosphor auch die Vitamine C und B sowie Folsäure. Verglichen mit der Menge in Orangen (etwa 70 Milligramm) bietet der Granatapfel pro 100 Gramm mit etwa 7 Milligramm wenig Vitamin C. Zu erwähnen ist noch der hohe Gehalt an sogenannten Polyphenolen. Polyphenole gehören zu den sekundären Pflanzenfarbstoffen. Besonders intensiv farbige Früchte wie Blaubeeren oder der Granatapfel weisen einen höheren Anteil an diesen speziellen Stoffen auf, die antioxidativ wirken. Weitere antioxidative Bestandteile sind die Ellagsäure sowie Punicalagin/Punicalagene.
Können Granatapfel-Produkte mit Schadstoffen belastet sein
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart hat Anfang 2022 einen Bericht zu Rückständen und Kontaminanten in Granatäpfeln aus konventioneller Erzeugung veröffentlicht. Mehr als die Hälfte der 84 Proben stammten aus der Türkei, ansonsten stammten mehrere Proben aus Peru und Spanien und vereinzelte Proben aus Indien, Israel, Südafrika und Usbekistan. Mit Ausnahme einer spanischen Probe wurden in allen Proben Rückstände nachgewiesen. Mehrfachrückstände wurden in 92 Prozent der Proben gefunden.