Gegen Vampire mag Knoblauch helfen, einen Herzinfarkt verhindern können zumindest Nahrungsergänzungsmittel nicht.
Was steckt hinter der Werbung zu Knoblauch-Produkten?
Knoblauch wird sowohl als Nahrungsergänzungsmittel als auch als traditionelles Arzneimittel "traditionell angewendet zur Vorbeugung allgemeiner Arterienverkalkung (allgemeine Arteriosklerose)" angeboten. Traditionelle Arzneimittel werden, anders als normale Arzneimittel, nicht auf ihre Wirkung geprüft und zugelassen, sondern ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet (hier: Arteriosklerose) registriert. Allerdings sind diese Arzneimittel bzw. die eingesetzten arzneilich wirkenden Extrakte genau definiert.
Bei Nahrungsergänzungsmitteln mit Knoblauch ist das nicht der Fall. Sie werden ebenfalls in Form von Tabletten, Kapseln oder Saft oft in Kombination mit anderen Zutaten, z.B. Aronia, gepressten Zitrusfrüchten, Mistel oder Olive sowie Vitaminen (B1, C) angeboten und sind scheinbar ebenso gut wie die traditionellen Arzneimittel.
Vor allem im Internet findet man Werbeaussagen wie "Knoblauch wirkt positiv auf den Cholesterinspiegel und verbessert die Fließfähigkeit des Blutes", "Knoblauch verbessert die Durchblutung", "Knoblauch trägt zum Erhalt eines gesunden Herzens und normalen Cholesterinspiegels sowie zur normalen Funktion des Immunsystems bei" oder "Zur Vorbeugung altersbedingter Gefäßveränderungen".
Der Schutz vor Corona durch Knoblauch gehört ins Reich der Mythen. In einer Studie eines Herstellers konnte durch den täglichen Verzehr einer Knoblauchtablette das Risiko, eine Erkältung zu bekommen, gesenkt werden. Auf die Krankheitsdauer gab es keinen Einfluss.
Grundsätzlich sind Lebensmittel, und damit auch Nahrungsergänzungsmittel, nicht zur Behandlung, Linderung oder Heilung von Krankheiten da; krankheitsbezogene Werbeaussagen sind verboten. Gesundheitsbezogene Werbeaussagen (Health Claims) bei Lebensmitteln wie "trägt zu einem normalen Cholesterinspiegel bei" müssen von einer europäischen Behörde (EFSA) geprüft und anschließend von der EU zugelassen werden. Für viele Pflanzenzubereitungen - darunter Knoblauch - gibt es allerdings bisher weder zugelassene noch abgelehnte Claims. Trotzdem müssen getätigte Aussagen wissenschaftlich korrekt und beweisbar sein - und zwar auf das konkrete Produkt bzw. die verwendete Knoblauchzubereitung bezogen. Sonst handelt es sich um irreführende Werbung.
Um dem aus dem Wege zu gehen, enthalten manche Produkte zusätzlich Vitamin C oder B1, für die es bereits entsprechende zugelassene Aussagen gibt. Das ist für Vitamin B1 beispielsweise "für eine normale Herzfunktion" oder für Vitamin C "normale Funktion der Blutgefäße", "schützt die Zellen vor oxidativem Stress" oder "verringert Müdigkeits- sowie Erschöpfungserscheinungen".
Dass das Lebensmittel Knoblauch viele gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe enthält, ist unbestritten. Daraus kann jedoch nicht direkt abgeleitet werden, dass Knoblauch auch in Form von Pulvern oder Extrakten diese Wirkungen auf die menschliche Gesundheit besitzt, zumal die Wirkungen überwiegend an Zellkulturen und in Tierversuchen ermittelt wurden. Inwieweit sich die Studien auf den Menschen übertragen lassen und welche Mengen welcher Substanzen dafür notwendig sind, ist noch nicht ausreichend untersucht. Das gilt beispielsweise für aktuelle Forschung in Bezug auf Alzheimer (nur Tierversuche). Vor allem ist nicht klar, ob und inwieweit sich die Wirkung von frischem Knoblauch auf die unterschiedlichen Produkte mit ganz unterschiedlichen Knoblauch-Zutaten übertragen lässt. Und selbst wenn eine Einzelwirkung nachgewiesen würde, hieße das noch nicht, dass diese ausreicht, das gesamte Fortschreiten von Erkrankungen wie Arteriosklerose mit ihren vielen Einflussfaktoren zu bremsen.
Worauf sollte ich bei der Verwendung von Knoblauch-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln achten?
- Achten Sie auf die Produkt-Bezeichnung, handelt es sich wirklich um ein Nahrungsergänzungsmittel? Die Aufmachung sieht der von Arzneimitteln oft täuschend ähnlich. Wo die Unterschiede zwischen den Produktkategorien liegen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
- Achten Sie auf die angegebenen Mengen an Alliin bzw. Allicin. Es sollten weniger als 12 mg Alliin oder 5 mg Allicin pro Tagesdosis (Höchstmengen für Arzneimittel) enthalten sein. Mengenangaben für diese beiden Substanzen sind jedoch nicht vorgeschrieben.
- Ein besonderes Augenmerk muss auf Wechselwirkungen von Knoblauchprodukten mit Medikamenten gelegt werden. So kann Knoblauch gerinnungshemmende Medikamente und auch Blutdruck senkende Arzneimittel in ihrer Wirkung verstärken, andere Medikamente dagegen blockieren. Kritisch im Hinblick auf die Blutgerinnung kann auch der gleichzeitige Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln mit hoch dosiertem Vitamin E, Ginkgo oder Fischöl (Omega-3-Fettsäuren) sein. Insbesondere eine Woche vor und nach Zahnextraktionen oder Operationen sollte auf Knoblauchprodukte verzichtet werden.
- Wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten Sie vor der Verwendung von Knoblauchprodukten (egal, ob Nahrungsergänzungsmittel oder traditionelles Arzneimittel) grundsätzlich ärztlichen Rat holen.
- Knoblauch kann allergische Reaktionen hervorrufen. Beobachtet wurden sowohl allergisches Asthma als auch Hautreaktionen nach Knoblauchverzehr. Eine Allergie scheint verstärkt bei Menschen aufzutreten, die gleichzeitig unter einer Pollenallergie leiden.
- Da Kinder auf Knoblauchinhaltsstoffe besonders empfindlich reagieren, sind Nahrungsergänzungsmittel mit Knoblauch für sie ungeeignet.
- Selten führen Knoblauch-haltige Nahrungsergänzungsmittel zu Magen-Darm-Beschwerden wie Erbrechen, Übelkeit, Koliken, Durchfall und Blähungen sowie Schwitzen. Diese treten hauptsächlich bei hohen Dosierungen auf. Nicht auf nüchternen Magen nehmen, um einem Aufstoßen vorzubeugen.
- Die Verwendung von Knoblauchprodukten führt wie auch der Frischverzehr dazu, dass der Atem nach Knoblauch riecht. Bei regelmäßiger Aufnahme kann auch die Haut den typischen Geruch abgeben. Dies ist für betroffene Personen ggf. unangenehm, gesundheitlich jedoch unbedenklich und ein Zeichen dafür, dass das Knoblauchmittel den Hauptwirkstoff Allicin enthält. Das gilt nicht für schwarzen Knoblauch.
Was sind Knoblauch-Produkte?
Die charakteristischen sekundären Pflanzenstoffe in Knoblauch sind bestimmte schwefelhaltige Verbindungen, so genannte Sulfide. Dazu zählen das Allicin – der Hauptwirkstoff in Knoblauch - und dessen Abbauprodukte. Allicin ist auch für den typischen Geruch des Knoblauchs verantwortlich. In Knoblauch kommt es nur in Form der Vorgängersubstanz Alliin vor, das in einer Konzentration bis zu 4 g/kg Frischgewicht enthalten ist. Bei Verletzung der Zellen, z. B. durch Schneiden oder Zerdrücken der Zehen, bauen zelleigene Enzyme Alliin zum wirksamen Allicin ab. In Arzneimitteln wird der Gehalt an Allicin zur Qualitätsbestimmung herangezogen.
Schwarzer Knoblauch entsteht durch Fermentierung von herkömmlichem, frisch geerntetem Knoblauch. Dabei altert dieser unter kontrollierten Bedingungen, z.B. in feuchtwarmer Luft und bei Temperaturen um die 60 Grad Celsius. In diesem Prozess entstehen aus einer Reaktion der natürlichen enthaltenen Zucker (Glukose, Fruktose) mit Eiweißbausteinen (Aminosäuren) braun bis schwarz gefärbte Melanoide, die für die schwarze Färbung des Knoblauchs verantwortlich sind. Die Zehen werden dabei weich bis klebrig und bekommen einen karamellartigen, süßlichen Geschmack. Schwarzer Knoblauch wird sowohl in Form der schwarzen Knoblauchzehen, getrocknet und gemahlen als Gewürz oder beispielsweise in Kapselform als Nahrungsergänzungsmittel verkauft.. Durch die Fermentierung werden geruchslose Produkte gewonnen. Fermentierter Knoblauch (Schwarzer Knoblauch) enthält wie auch gereifter Knoblauch als Leitsubstanz anstelle von Allicin Allylcystein.
Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es im Gegensatz zu Arzneimitteln keine Leitsubstanzen bzw. definierten Extrakte. Manche Produkte enthalten einfach nur Knoblauchpulver, andere Knoblauchextrakte, manche geben den Allicingehalt an. Schon in frischem Knoblauch schwanken die Inhaltsstoffe beträchtlich, abhängig von Sorte, Herkunft und Wachstumsbedingungen. Zusätzlich hat das Verarbeitungsverfahren Einfluss auf die Zusammensetzung. Während bei der Herstellung von Trockenpulver flüchtige Substanzen verloren gehen können, werden bei einem öligen Auszug nur die fettlöslichen Bestandteile extrahiert. Ein Mindestgehalt beispielsweise an Allicin ist für Nahrungsergänzungsmittel nicht vorgeschrieben. Es gibt jedoch auch keine Höchstmengen. Bei der Produktauswahl sollten Sie daher zu Ihrer persönlichen Sicherheit unbedingt darauf achten, unterhalb der Höchstmengen für Arzneimittel (12 mg Alliin oder 5 mg Allicin pro Tag) zu bleiben.
Zum Teil werden geruchsfreie Mittel beworben. Da jedoch in erster Linie Allicin für den Knoblauchgeruch verantwortlich ist, fehlt in tatsächlich geruchsfreien Produkten aus normalem Knoblauch der Hauptwirkstoff des Knoblauchs. Produkte aus (vergorenem) "schwarzen" Knoblauch sind natürlicherweise geruchsfrei, da sie anstelle von Allicin Allylcystein enthalten.
Vermutlich ist aber nicht das Allicin alleine für die gesundheitsfördernde Wirkung von frischem Knoblauch verantwortlich, sondern das Zusammenspiel mit der Vielzahl enthaltener weiterer Pflanzen- und Nährstoffe.