Was sagen die Leitlinien zu Nahrungsergänzungsmitteln bei Long-COVID?
Erste Ansprechstation, wenn Sie gesundheitliche Probleme nach einer Corona-Erkrankung haben, sollte immer die Hausarztpraxis sein. Es gibt sowohl eine Behandlungs-Leitlinie als auch eine Patientenleitlinie zu Long-COVID.
Von einer Eigenmedikation mit Nahrungsergänzungsmitteln nach einer akuten COVID-19-Infektion rät die Leitlinie ab, da es bislang keine Daten gibt, die einen klaren Vorteil durch die Einnahme von Vitamin D, C oder Spurenelementen belegen. Daher sollten Sie gemeinsam mit Ihren behandelnden Ärzt:innen klären, ob ein behandlungsbedürftiger Nährstoffmangel vorliegt oder Ihnen vielleicht auch eine gezielte Ernährungsberatung weiterhilft.
Seit Mai 2024 ist die erste Richtlinie über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Long-COVID in Kraft.
Worauf sollte ich achten?
- Wichtig: Wenn Ihnen aus medizinischer Sicht bei Long-COVID Extra-Nährstoffe empfohlen werden, weil tatsächlich ein Mangel beim einen oder anderen Nährstoff festgestellt wurde, ist dagegen selbstverständlich nichts einzuwenden. Allerdings sind NEM für Kranke nicht die richtige Wahl, dafür gibt es entsprechende Arzneimittel oder Lebensmittel für spezielle medizinische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diät, EBD) zur Diättherapie. Mehr zu den Produktunterschieden lesen Sie im verlinkten Artikel.
- NEM müssen Sie selbst bezahlen. Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht, wohl aber die für Arzneimittel. Den Verbraucherzentralen liegen angebliche individuelle Zusammenstellungen von bis zu 10 NEM vor. Die Kosten belaufen sich dann auf gut 100 bis 300 Euro pro Monat.
- Nehmen Sie NEM (besser Arzneimittel oder EBD) bei Long-COVID nur, wenn tatsächlich ein Mangel oder eine stärkere Unterversorgung festgestellt wurde. Informieren Sie unbedingt das ärztliche Personal über die Einnahme und klären in der Apotheke, ob es gegebenenfalls zu Wechselwirkungen mit Ihren Medikamenten kommt.
- Halten Sie sich an die sicheren Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung.
Essen und Trinken, was kann helfen?
In der Patientenleitlinie gibt es eine ganze Reihe von Verhaltenstipps für alle Lebensbereiche. Hier nun die wichtigsten Empfehlungen zur Ernährung:
- Häufige kleine Mahlzeiten (5 bis 6 pro Tag), um eine Überlastung des Verdauungstraktes zu vermeiden,
- gemüsebetonte mediterrane Ernährung,
- Obstverzehr auf maximal 250 Gramm pro Tag beschränken und Früchte in kleinen Portionen (bis 100 Gramm) mit proteinreichen Lebensmittel wie Quark, Käse oder Mandeln kombinieren. Das verbessert die Verträglichkeit.
- Täglich Nüsse und Ölsaaten, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte nach individueller Verträglichkeit,
- mageres Fleisch, Fisch, Ei und Milchprodukte als sinnvolle Ergänzung, um eine Eiweißmenge von 60 bis 80 Gramm pro Tag zu erreichen.
- Pflanzliche Öle mit hohem Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (z.B. Rapsöl, Olivenöl),
- täglich 1,5 bis 3 Gramm der Omega-3-Fettsäuren, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) durch fettreichen Fisch und angereicherte Speiseöle, etwa Mikroalgenöle,
- zu große Kohlenhydratportionen (helles Brot, Nudeln) und Süßigkeiten vermeiden,
- Normalgewicht (Body-Mass-Index (BMI) von 19 bis 25 erhalten oder anstreben.
Zum Weiterlesen:
- Wer heilt hat Recht? Welchen Studien kann man vertrauen?
- Long-COVID-Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Long-COVID-Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit https://www.bmg-longcovid.de/
Quellen:
Marktbeobachtung der VZ NRW im Internet und sozialen Medien (Mai/Juni 2023)
Geschäfte mit Long-Covid-Patienten: Dubiose Heilmethoden und Nahrungsergänzungsmittel. Report Mainz (SWR), 13.09.2022 (zuletzt abgerufen am 19.07.2024)
Verbraucherzentrale NRW: Marktcheck/Befragung zu Nahrungsergänzungsmitteln gegen Long-COVID. Eine Untersuchung in Apotheken und Reformhäusern in NRW. Stand: Juli 2023
Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16.05.2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern, Fassung vom 17.05.2021
AWMF: Leitlinie "Long/Post-COVID-Syndrom" für Betroffene, Angehörige, nahestehende und pflegende Personen, die sich auf eine ärztliche Leitlinie stützt (Patientenleitlinie), aktualisierte Fassung vom 03.02.2023, in Überarbeitung (zuletzt abgerufen am 19.07.2024)
AWMF: S1-Leitlinie Long/ Post-COVID - Living Guideline. Stand: 30.05.2024, gültig bis 30.05.2024 (zuletzt abgerufen am 19.07.2024)
Meixner J (2023): Vitamin C gegen chronische Erschöpfung und Long Covid? Medizin transparent, Stand: 22.05.2023 (zuletzt abgerufen am 19.07.2024)