Vitamin D wird in der Haut gebildet – wenn man sich ausreichend im Freien aufhält. Wie ist die Versorgungslage in Deutschland?
Vitamin D - eigentlich gar kein Vitamin
Vitamin D ist durch seinen Einfluss auf den Calcium-Stoffwechsel unentbehrlich für die Gesundheit von Knochen und Zähnen. Es spielt darüber hinaus auch in anderen Stoffwechselvorgängen eine Rolle, unter anderem beeinflusst es die Funktion von Muskelzellen, die Insulinausschüttung in der Bauchspeicheldrüse, hat Einfluss auf das Immunsystem. Und dabei handelt es sich eigentlich gar nicht um ein Vitamin, denn es kann bei ausreichend Sonnenlicht vom Körper selber hergestellt werden. Mit Lebensmitteln können wir gerade mal 10-20% von dem decken, was der Körper täglich braucht.
Gerade in den Wintermonaten reicht in unseren Breitengraden die UVB-Strahlung für die Vitamin-D-Produktion in der Haut nicht aus (findet aber immer noch statt). In dieser Zeit greift der Körper auf die durch Frühjahrs- und Sommersonne hoffentlich gut gefüllten Vitamin-D-Speicher im Fett- und Muskelgewebe sowie in der Leber zurück. Dieser Vorrat reicht normalerweise, um ohne Mangelerscheinungen durch den Winter zu kommen.
In den letzten Jahren haben sich unsere Lebensgewohnheiten verändert. Wir arbeiten nur noch selten draußen, Kinder spielen häufiger im Haus und wir verwenden – aus guten Gründen – (starke) Sonnenschutzmittel. Daher stellt sich heutzutage die Frage, ob wir immer noch ausreichend mit Vitamin D versorgt sind oder vielleicht zur Prävention besser zusätzliches Vitamin D aufnehmen sollten. Hier streiten sich die (wissenschaftlichen) Geister. Vieles ist nämlich noch unklar.
Das ist natürlich ein Einfallstor für findige Werbeaussagen und selbsternannte Vitamin-Päpste. Sie haben es geschafft, dass inzwischen ein großer Teil der Bevölkerung Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel nimmt, ohne dass sie jemals ihre Versorgungssituation haben prüfen lassen.
Welche Gesundheitsaussagen auf Vitamin-D-Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt erlaubt sind, finden Sie auf dieser Seite.
Wie ist die Versorgungslage in Deutschland?
Da die Ernährung nur einen geringen Beitrag zur Vitamin-D-Versorgung leistet, kann hier nicht wie bei anderen Vitaminen eine Abschätzung über Verzehrstudien vorgenommen werden. Anbieter, die eine angebliche Mangelversorgung in Deutschland mit Verzehrstudien (wie der Nationalen Verzehrstudie II) begründen, sind unseriös.
Um zu prüfen, wie gut die Versorgung des Einzelnen ist, ist die Bestimmung des Vitamin-D-Status im Blut erforderlich. Dabei wird der Gehalt an 25-Hydroxyvitamin-D (kurz 25(OH)D) im Blutserum gemessen. Der gemessene Wert kann in den Einheiten nmol/l oder ng/ml angegeben werden (für die Umrechnung von nmol/l in ng/ml teilt man den Wert durch 2,5). Wie der Messwert mit Blick auf die Knochengesundheit nach IMO-Klassifizierung (Institut of Medicine (IOM), USA) zu interpretieren ist, steht in der Tabelle. Das Problem: Die Labormethoden sind noch immer nicht standardisiert. So kann es bei zwei Messungen in unterschiedlichen Laboren zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
25(OH)D in nmol/l | 25(OH)D in ng/ml | Interpretation nach IMO-Klassifizierung (Quelle: RKI) |
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<30 | <12 | Mangelhafte Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Rachitis, Osteomalazie und Osteoporose. |
30-<50 | 12-<20 | Suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit. |
| | Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit. |
75-<125 | 30-<50 | Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit. |
≥125 | ≥50 | Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können. |
Und: Der Vitamin-D-Serumspiegel unterliegt starken saisonalen Schwankungen. So hatten in der DEGS-Studie („Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (2008-2011)“) mehr als 60 % der Frauen im Sommer einen Spiegel über 50 nmol/l, im Winter dagegen nur etwa 20 % – aber: Die verwendete Messmethode führte zu einer Unterschätzung der Werte, die Versorgungslage ist eigentlich besser.
Der 13. Ernährungsbericht von 2016 geht daher nach einer Standardisierung der Werte von einem Vitamin-D-Mangel bei etwa 15 % der Bevölkerung aus. Betroffen sind vor allem über 65-Jährige und darunter vor allem Frauen.
Wird bei einer einmaligen Untersuchung des Vitamin-D-Status ein niedriger Wert gemessen, muss dies also nicht zwingend bedeuten, dass bereits ein langfristiger Vitamin-D-Mangel und damit klinische Symptome vorliegen oder auftreten werden.
Von einem klinischen Vitamin D-Mangel, der auch gesundheitlichen Auswirkungen (z.B. Osteomalazie, Rachitis) hat, sind die meisten Deutschen weit entfernt. Das Robert-Koch-Institut ging 2019 aufgrund von Studien aus den Jahren 2008 bis 2011 (Erwachsene, DEGS1) bzw. aus 2003-2006 (Kinder und Jugendliche, KiGGS) davon aus, dass 15,2 % der Erwachsenen (18-79 Jahre) und 12,5 % der Kinder und Jugendlichen von einer solchen mangelhaften Versorgung betroffen sind. Ein Vitamin-D-Mangel liegt laut IMO-Klassifizierung bei einer 25-Hydroxyvitamin-D-Konzentration von unter 30 nmol/l vor.
Auch wenn wir hier keinen wirklichen Vitamin D-Mangel haben, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE hält eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D in Deutschland für häufig. Ein Großteil der Deutschen erreicht vor allem im Winter nicht den von der DGE für optimal angesehenen Vitamin D-Blutspiegel von 50 nmol/l (siehe Tabelle), was verschiedene Ursachen haben kann wie eben ein seltener Aufenthalt draußen oder die Verwendung von Sonnenschutz.
Allerdings werden diese Werte auch von vielen Menschen in sehr sonnenreichen Ländern nicht erreicht, so dass einige Forschende die in der Tabelle genannten Werte in Frage stellen. Bei vielen Menschen ist es nämlich so, dass ihre Spiegel zwar unter 50 nmol/l liegen, sie aber keine erkennbaren Erkrankungen oder Anzeichen für eine schlechte Gesundheit einschließlich Knochenmineralmangel haben. Die Forschenden meinen. dass ein Großteil der gemeldeten hohen Prävalenz von Vitamin-D-Mangel/-Insuffizienz in gesunden Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt künstlich ist und durch ungerechtfertigte hohe Grenzwerte verursacht wird.
Supplementierung mit Augenmaß
Sicher ist auf jeden Fall, dass bei Zugrundlegen der Tabellenwerte nicht jede:r ausreichende Vitamin-D-Spiegel erreicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt daher im Juli 2022: „Wer Vitamin D ergänzen möchte, kann auf Nahrungsergänzungsmittel mit bis zu 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag zurückgreifen. Bei dieser Menge wird der Tagesbedarf gedeckt, während gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind. Höhere Dosierungen sollten nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.“
Lesen Sie hier nach, ob Sie zu den Risikogruppen gehören und Nahrungsergänzungsmittel nehmen sollten.
Zu viel Vitamin D schadet
Vitamin D als fettlösliches Vitamin wird im Körper gespeichert. Bei einer dauerhaft zu hohen Zufuhr wird es im Körper immer weiter angereichert und führt irgendwann zu Vergiftungserscheinungen. Zu nennen sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit, Erbrechen, Verstopfung, reduzierter Muskeltonus im schlimmsten Fall sogar Nierenverkalkung und Nierensteine bis hin zur Abnahme der Nierenfunktion.
Vitamin-D-Vergiftungen sind durch exzessive Sonnenbäder und herkömmliche Lebensmittel nicht möglich, wohl aber durch Nahrungsergänzungsmittel. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt daher eine Tageshöchstmenge von 20 µg Vitamin D (= 800 i.E.) in Nahrungsergänzungsmitteln. Auf keinen Fall sollten pro Tag mehr als 100 Mikrogramm (=4000 i.E.) insgesamt (einschließlich Lebensmittel) aufgenommen werden.
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