Nahrungsergänzungsmittel können die Zusammensetzung der Darmmikrobiota verändern. Umgekehrt beeinflusst sie aber auch die Mikronährstoff-Aufnahme. Was das für uns tatsächlich bedeutet, muss allerdings in weiteren Studien erforscht werden.
Nahrungsergänzungsmittel beeinflussen die Darmflora
Ein Kieler Forschungsteam konnte zeigen, dass Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmbakterien bei Typ-2-Diabetes vor allem mit Übergewicht und Einnahmen von Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten zusammenhängen und weniger mit der Diabetes-Erkrankung.
So haben regelmäßig eingenommene Medikamente (wie Blutdrucksenker, Schmerzmittel, Antidepressiva und Antidiabetika) und auch Nahrungsergänzungsmittel Einfluss auf das Darmmikrobiom (Darmflora). Bei den Nahrungsergänzungsmitteln sind es Magnesium, Vitamine, Calcium (Kalzium) und vor allem Eisen, die die Zusammensetzung der Darmbakterien verändern.
Das ist besonders bei Personen mit Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich wie z.B. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und einer wenig stabilen Darmflora zu bedenken. Eine Studie hat gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Eisen, und zwar egal ob als Tablette oder intravenös, die Zusammensetzung der Darmflora erheblich beeinflusst.
Schon 2016 konnte ein österreichisches Forschungsteam zeigen, dass eine 8-wöchige orale Nahrungsergänzung mit sehr hoch dosiertem Vitamin D3 (bis 1.700 µg pro Woche) zu spezifischen Veränderungen der Darmmikrobiota führte, nämlich zu einer Verringerung bei der Bakterienfamilie der Proteobacteria und einer Zunahme der Bacteroidetes (s.u.).
Für die Zukunft hoffen die Forschenden genauer zu verstehen, was diese Veränderungen im intestinalen Mikrobiom konkret bewirken und welche Bakterien die wichtigen Akteure sind, um dann gezielt eingreifen zu können und so die jeweilige Krankheit zu beeinflussen.
Umgekehrt weiß man aber auch aus kleinen Studien, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Vitaminen und Mineralstoffen hat, also auf die Aufnahme in den Körper. So kann im Alter ein verändertes Mikrobiom zu einer geringeren Knochendichte und damit zu Osteoporose führen.
Man weiß auch, dass es ein Zusammenspiel zwischen (Poly)phenolen, also bestimmten sekundären Pflanzenstoffen, und der Darmmikrobiota gibt. Dabei werden die Polyphenole vom Mikrobiom verstoffwechselt und die Stoffwechselprodukte (Metaboliten) wiederum beeinflussen die Diversität und Zusammensetzung der Darmmikrobiota.
Sport und Bewegung wiederum beeinflussen das Mikrobiom positiv. Es ist also noch viel Forschung nötig, bis die ganzen Zusammenhänge wirklich aufgeklärt und verstanden sind.
Was sollten Sie beachten?
Wenn Sie an Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden, immer wieder mit Durchfällen zu tun haben oder Probleme mit dem Darm haben, sollten Sie vor der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt ärztlichen Rat suchen. Fragen Sie in dem Gespräch auch unbedingt nach einer für Sie sinnvollen Dosierung. So können zum Beispiel zu große Mengen an Magnesium nicht nur die Zusammensetzung der Darmbakterien verändern sondern auch zu Durchfällen und Magen-Darm Problemen führen. Auch eventuelle Wechselwirkungen mit Medikamenten sollten dabei bedacht werden.
Nahrungsergänzungsmittel mit Mikroorganismen ändern die Zusammensetzung meist nur kurzfristig, können aber auch zu einer ungünstigen Verschiebung des Verhältnisses der verschiedenen Bakterienfamilien führen. Nehmen Sie solche Produkte nicht ohne ärztlichen Rat.
Was können Sie selber für Ihre Darmbakterien tun?
- Essen Sie Lebensmittel, die bei Ihnen zu Verstopfung führen oder abführend wirken (z.B. bestimmte Gewürze) nur in kleinen Mengen.
- Trinken Sie ausreichend.
- Essen Sie – soweit Sie sie vertragen – ballaststoffreiche pflanzliche Lebensmittel, also Vollkornprodukte, Haferflocken und Gemüse, aber auch Obst. Hilfreich können Lebensmittel mit natürlichem Inulin oder Oligofruktose (speziellen wasserlöslichen Ballaststoffen) wie Hülsenfrüchte, Chicorée, Artischocke, Schwarzwurzel, Lauch, Zwiebeln, Knoblauch oder Spargel sein. Auch resistente Stärke (enthalten in Kartoffeln, Nudeln, Reis vom Vortag) wirkt als Ballaststoff.
- Auch Leinsamen (bis 20 Gramm pro Tag), Chiasamen oder Flohsamen (Psyllium) können sich positiv auswirken.
- Sauermilchprodukte aus dem Kühlregal wie Joghurt, Kefir, Ayran, Lassi oder Dickmilch, aber auch milchsauer vergorene Bohnen, Möhren, Sauerkraut oder asiatisches Kimchi haben einen günstigen Einfluss auf die Darmflora und damit möglicherweise auch auf das Immunsystem.
- Sogenannte probiotische Bakterien haben bei Gesunden keine nachgewiesene gesundheitsförderliche Wirkung.
- Nehmen Sie Antibiotika nur dann, wenn sie wirklich nötig sind. Besprechen Sie das mit Ihren Ärzt:innen.
- Vermeiden Sie Stress, schlafen Sie ausreichend und bewegen Sie sich möglichst viel.
Was machen die Darmbakterien?
Im Darm befinden sich rund 1,3-mal so viele Bakterien, wie der Körper des Menschen Zellen hat. Diese so genannte Mikrobiota ist an vielen Prozessen beteiligt wie etwa der Verdauung, der Herstellung von Vitaminen und der Abwehr von Krankheitserregern. Die Darmflora besteht zu 99 % aus vier Bakterien-Familien: Firmicutes, Bacteroidetes, Proteobacteria und Actinobacteria.
Diese bauen vor allem unverdauliche Kohlenhydrate (Ballaststoffe) ab, dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren (hauptsächlich Essig-, Propion- und Buttersäure), die von den Zellen der Darmwand aufgenommen und verstoffwechselt werden. Deren genaue physiologische Bedeutung ist noch nicht bekannt, auf jeden Fall regen sie auch die Darmperistaltik (Darmbewegung) an.