Nahrungsergänzungsmittel sind häufig betroffen
Auch im Marktsegment Lebensmittel, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel gehören, fällt auf, dass viele Produkte außergewöhnlich häufig positiv bewertet werden. Laut Redaktionsnetzwerk Deutschland stechen sie besonders bei Amazon, einem der größten Online-Marktplätze für Nahrungsergänzungsmittel, hervor.
So berichten "Käufer" in ihren Rezensionen von "unglaublichen Wirkungen" oder "großartigen Erfolgen", etwa bei der Gewichtsabnahme, die sie durch die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels erzielen konnten. Entsprechend positiv bewerten sie die Produkte. Solche unechten oder "Fake"-Rezensionen sind bei Nahrungsergänzungsmitteln besonders problematisch.
Für sie sind Werbeaussagen, die sich auf Krankheiten beziehen, grundsätzlich verboten, wie etwa "Hilft gegen Migräne". Nur solche gesundheitsbezogenen Werbeaussagen sind zulässig, die von der EU genehmigt wurden. Zum Beispiel "Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei".
Da Rezensionen vom Recht der freien Meinungsäußerung geschützt sind, können so Aussagen gemacht werden, mit denen Anbieter ihre Produkte nicht direkt bewerben dürfen.
Woran Sie falsche Bewertungen erkennen
Zu gut, um wahr zu sein? Dann ist es auch nicht wahr. Überprüfen Sie selbst, ob Ihnen die in den Rezensionen beschriebenen "Wirkungen" realistisch erscheinen. Ein "hat wunderbar gewirkt" ist schnell geschrieben, auch ohne dass man die Produktbeschreibung überhaupt gelesen hat. Häufig sind diese Bewertungen nicht authentisch. Seien Sie misstrauisch, wenn Sie auch auf den hinteren Seiten keine neutralen oder negativen Rezensionen finden, obwohl ein Produkt durch viele Nutzer:innen bewertet wurde.
Inzwischen muss man auch damit rechnen, das Bewertungen durch künstliche Intelligenz wie ChatGPT verfasst wird. Aufgrund der speziellen Algorithmen dahinter, liest man durchaus auch 'mal Behauptungen, Zitate, Institute oder Fachzeitschriften, die es tatsächlich gar nicht gibt.
Wie können Sie sich schützen?
- Der psychologische Effekt positiver Rezensionen auf Kaufinteressierten ist groß. Eine Beeinflussung der Kaufentscheidung ist – selbst wenn uns das Risiko unechter Bewertungen bewusst ist – sehr wahrscheinlich.
- Seien Sie misstrauisch, wenn in den Bewertungen zu Nahrungsergänzungsmitteln Aussagen zu Krankheiten oder geistigen bzw. körperlichen Leistungssteigerungen gemacht werden.
- Bemerkungen wie "leider ist es wegen EU-Bestimmungen/per Gesetz verboten, etwas über die Wirkung des Produktes zu sagen" zeugen eher nicht von Seriosität.
- Vertrauen Sie vor dem Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln besser auf die individuelle Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsberatung oder ein ärztliches Gespräch oder in Apotheken, möglichst mit Zusatzqualifikation "Ernährungsberatung".
- Bestellen Sie Produkte, die Sie nicht auch im stationären Handel erwerben können, nicht in Online-Shops oder auf Online-Marktplätzen. Oft bieten diese Produkte an, die nicht verkehrsfähig sind.
- Falls Sie doch dort kaufen, vergleichen Sie die Produkte unterschiedlicher Anbieter und nutzen Sie unabhängige Informationsangebote jenseits der Anbieterseite für Ihre Einschätzung.
Quellen
Stiftung Warentest: Fake-Bewertungen Wie Verkäufer mit gekauftem Lob Kunden manipulieren. Stand: 23.06.2020 (abgerufen am 13.06.2024)
Verbraucherzentrale Bundesverband: Kein Verlass auf Online-Bewertungen. Stand: 16.02.2022 (abgerufen am 13.06.2024)
Bundeskartellamt identifiziert Probleme bei Nutzerbewertungen. Stand: 18.06.2020 (abgerufen am 13.06.2024)
EU-Kommission: Schutz der Verbraucher vor irreführenden Bewertungen: 55 % der überprüften Websites verstoßen gegen EU-Recht. Stand: 20.01.2022 (abgerufen am 13.06.2024)
Bundesregierung: Mehr Schutz auf Online-Marktplätzen. Stand: 14.12.2021 (abgerufen am 13.06.2024)
Grimm I; Rathcke J (Redaktionsnetzwerk Deutschland): Krieg der Sterne: Das Geschäft mit gefälschten Amazon-Bewertungen. Stand: 16.03.2020 (abgerufen am 13.06.2024)
Protokoll der 18. Verbraucherschutzministerkonferenz am 17.06.2022
Hilescher H: Amazon stoppt 200 Millionen Fake-Bewertungen. Wirtschaftswoche online, 13.06.2023