Im Durchschnitt enthielten diese zu hoch dosierten Nahrungsergänzungen 416 Milligramm (2016: 423 Milligramm) Magnesium pro Tagesdosis. Ein kritischer Wert - denn bereits bei einer zusätzlichen Magnesiumzufuhr von 300 Milligramm pro Tag kann es bei empfindlichen Menschen zu Durchfällen und Magen-Darm-Beschwerden kommen.
Gerade bei den im Internet gekauften Produkten fielen ungünstige Kombinationen von Magnesium mit anderen, oft sehr hoch dosierten Zusätzen auf. Dazu zählten beispielsweise Zink, Vitamin C, Vitamin D und Vitamin B 6. Diese Stoffe waren teils in so hoher Dosierung enthalten, dass eine längerfristige Einnahme des jeweiligen Produkts zu gesundheitlichen Störungen führen kann.
Werbeaussagen und Kennzeichnung unter der Lupe
Anbieter bewerben ihre magnesiumhaltigen Nahrungsergänzungsmittel für die verschiedensten Zielgruppen und Anwendungsgebiete. Obwohl die Sportler:innen der am häufigsten genannte Personenkreis sind, erwecken Angaben wie „Entspannungssuchende“, Personen mit einem "erhöhten" Magnesiumbedarf oder gleich Menschen "in jeder Lebensphase" den Eindruck von Beliebigkeit.
Negativ aufgefallen waren 2016 insbesondere die gesundheitsbezogenen Angaben ("Health Claims") auf den im Internet gekauften Produkten. Gesundheitsaussagen dürfen nicht beliebig auf Nahrungsergänzungsmitteln erscheinen, sondern nur gemäß den Vorgaben der sogenannten Health Claims-Verordnung (HCVO). Diese wurden 2020 nicht erneut überprüft.
40 Prozent dieser Angaben auf Internetware waren eindeutig unzulässig wie zum Beispiel "senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme". Weitere 23 Prozent bedürfen aus Sicht der Verbraucherzentralen einer rechtlichen Klärung. So ist es nicht zulässig, wenn der in der HCVO festgelegte Wortlaut verallgemeinert oder verstärkt wird.
Beispielsweise entspricht die Formulierung "Magnesium trägt zu einer normalen Muskelfunktion bei" den Vorgaben der HCVO. Wirbt ein Produkt dagegen mit "Magnesium ist von elementarer Bedeutung für die Muskelfunktion", ändert sich die Aussage.
Wichtiger Kritikpunkt bei den Internetprodukten war die teils fehlenden Warn- und Anwendungshinweise. Diese müssen verpflichtend auf Nahrungsergänzungsmitteln angebracht sein. Sie warnen unter anderem davor, die angegebene empfohlene Verzehrsmenge nicht zu überschreiten sowie Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene Ernährung einzunehmen.
Auch der vorgeschriebene Hinweis „Produkt außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren“ fehlte mehrfach bei den Internetprodukten - und das, obwohl magnesiumhaltige Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich nicht für Kinder unter vier Jahren geeignet sind.
Fazit der Verbraucherzentralen
- Die erneute Überprüfung der Dosierung der Produkte aus der Marktstichprobe von 2016 in 2020 zeigt, dass sich weiterhin der überwiegende Teil der Hersteller nicht an die aus Gründen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes vom BfR empfohlenen Höchstmengen für Magnesium in Nahrungsergänzungsmitteln hält. Die Produkte sind häufig zu hoch dosiert. Um einen wirksamen Schutz der Gesundheit zu gewährleisten, müssen dringend verbindliche Höchstmengen eingeführt werden.
- Nicht erlaubte gesundheitsbezogene Aussagen oder solche mit Irreführungspotential sind bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht selten. Das zeigt sich auch an den hohen Beanstandungsquoten der amtlichen Lebensmittelüberwachung, die vorwiegend Produkte des stationären Handels betreffen. Auffällig sind aber insbesondere auch Internetangebote. Hier muss von Seiten der amtlichen Lebensmittelüberwachung noch deutlich mehr passieren, um das Marktgeschehen auf unzulässige Gesundheitsversprechen zu überwachen und Verstöße angemessen zu ahnden.Die Verbraucherzentralen fordern eine behördliche Prüfung aller in Deutschland angemeldeten Nahrungsergänzungsmittel hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit sowie Richtigkeit der Werbeaussagen vor dem ersten Inverkehrbringen. Bisher müssen die Produkte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nur angezeigt werden.
- Der Einkauf von Nahrungsergänzungsmitteln im Internet sollte sorgfältig überlegt werden und erst nach gründlicher Information über das Produkt und kritischem Lesen des "Kleingedruckten" erfolgen. Die Erfahrung zeigt darüber hinaus, dass die sich an eine Bestellung anschließende Werbeflut erhebliche Ausmaße annehmen kann.
- Verbraucher:innen müssen umfassend über mögliche Risiken und ungünstige Nährstoffkombinationen bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln informiert werden. Der Bedarf an Nährstoffen lässt sich in der Regel problemlos über eine abwechslungsreiche Ernährung decken. So sind beispielsweise Gemüse, Vollkornprodukte und Nüsse eine gute Quelle für Magnesium.