Nattokinase ist ein Enzym aus fermentierten Sojabohnen. Als Nahrungsergänzungsmittel wird es mit positiver Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem und zur Neutralisierung angeblicher Toxine der Coronaimpfung angepriesen. Zu Recht?
Nattokinase: Was verspricht die Werbung?
Nattokinase soll aufgrund der fibrinolytischen Wirkung das Blut verdünnen und so Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern. Es gibt einige wenige Studien am Menschen, die jedoch uneinheitliche Ergebnisse liefern. Die Forschung ist noch sehr jung und alle Studien (bis auf eine) liefen nur über kurze Zeiträume. Bisher bleibt unklar, ob Nattokinase tatsächlich als Blutverdünner wirkt und folglich schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt verhindern kann. Hinzu kommt, dass die bei uns als Nahrungsergänzungsmittel, also Lebensmittel, angebotenen Nattokinase-Produkte nicht standardisiert sind und es für diese Produkte auch keine Wirknachweise gibt.
Diskutiert wird außerdem der Einfluss auf den Blutdruck und die Blutfettwerte. Hierzu gibt es ein paar wenige Studien und eine erste Metaanalyse, die eine Wirkung andeuten. Die Sicherheit einer langfristigen Einnahme über 12 Monate hinaus wurde bisher nicht untersucht.
Manche Menschen müssen vorsorglich sogenannte „Blutverdünner“ in Tablettenform nehmen - also Medikamente, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern (z. B. Phenprocoumon/Marcumar, Warfarin). Blutverdünner sind oft dauerhaft einzunehmen und haben – wie alle wirksamen Arzneimittel - auch Nebenwirkungen. Verständlich, dass ein „natürlicher Blutverdünner“ (also scheinbar ohne Nebenwirkungen) für manche vielversprechend klingt. Zugelassene Arzneimittel mit Nattokinase gibt es in Europa nicht.
Für die Bewerbung von Nattokinase-Nahrungsergnzungsmitteln ist allerdings bislang weder ein Health Claim beantragt noch genehmigt worden. Somit ist das Bewerben mit gesundheitsbezogenen Aussagen in der EU nicht erlaubt. Ein Krankheitsbezug (Heilung oder Linderung einer Erkrankung) ist für Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich verboten, das ist Aufgabe von Arzneimitteln.
Einige Unternehmen werben für ihre Nattokinase-Produkte mit der Anzahl fibrinlösender Einheiten und der fibrinspaltenden Aktivität (fibrinolytic units, FU). Hierbei handelt es sich um nicht zulässige nährwertbezogene Angaben.
Corona:
Die Behauptung, dass Nattokinase als Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen, die Spikeproteine neutralisieren könne, welche durch die mRNA-Impfung im Körper entstehen, hält einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege am Menschen, die das bestätigen könnten. Es stellt sich alleine schon die Frage, wie Nattokinase, die über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen und als Eiweiß dort zumindest teilweise abgebaut wird, mit den Spike-Proteinen im Muskelgewebe in Kontakt kommen soll.
Auch für die Annahme, dass Spikeproteine generell gesundheitlich abträglich sind, gibt es keine Belege.
Worauf sollte ich bei der Verwendung von Nattokinase-Produkten achten?
- Nehmen Sie keinesfalls Nahrungsergänzungsmittel mit Nattokinase, wenn Sie allergisch auf Soja reagieren.
- Nehmen Sie keine Nattokinase-Produkte, wenn Sie bereits blutgerinnungshemmende Medikamente einnehmen. Ersetzen Sie derartige Medikamente nicht ohne ärztliche Rücksprache durch Nattokinase-Produkte.
- Wenn Sie regelmäßig Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) nehmen, kann die zusätzliche Verwendung von Nattokinase deren Effekt verstärken und zu übermäßig starken Blutungen führen. Das könnte auch bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln insbesondere mit Ginkgo, Omega-3-Fettsäuren/Fischöl oder Knoblauch der Fall sein.
- Wenn Sie ein Nahrungsergänzungsmittel mit Nattokinase ausprobieren möchten, klären Sie sicherheitshalber vorher im Arztgespräch, ob das für Sie risikolos möglich ist. Vergessen Sie dabei nicht zu erwähnen, was Sie außerhalb von verschriebenen Medikamenten alles noch für Ihre Gesundheit nehmen.
- Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich. Besprechen Sie das bitte unbedingt vorher in Ihrer Apotheke, vor allem dann wenn Sie regelmäßig Medikamente nehmen müssen.
- Auch können Laborparameter wie z. B. Fibrinogen verändert werden. Sagen Sie bitte dem Laborpersonal Bescheid, wenn Sie Nattokinase-Produkte nehmen.
- Die Sicherheit einer langfristigen Einnahme – vor allem wenn gar kein Blutverdünner benötigt wird – ist nicht abschließend geklärt. Nattokinase könnte dazu führen, dass sich ein bereits bestehendes Gerinnsel löst, was zu einem Schlaganfall oder einer Embolie an einer entfernten Stelle führt. Patient:innen mit tiefer Venenthrombose in ihrer Krankengeschichte sollten deswegen auf die Verwendung von Nattokinase-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln besser verzichten, so die Empfehlung des MSKCC.
Was ist Nattokinase?
Nattokinase ist ein Enzym aus dem traditionellen japanischen Lebensmittel Natto (aus fermentierten Sojabohnen). Natto ist eine Art veganer „Käse“ aus ungeschälten, grünen Sojabohnen, die mit Hilfe des Bakterium Bacillus subtilis natto fermentiert werden. Natto hat in Japan eine jahrhundertelange Tradition.
Damit das Bakterium die Sojabohnen verdauen kann, bildet es in großer Menge insbesondere das Enzym Nattokinase, eine Protease (eiweißspaltendes Enzym). Die Nattokinase ist spezialisiert auf die Spaltung von Fibrinen, also Proteinen, die bei der Blutgerinnung entstehen. Natto selber ist für die westlichen Geschmacks- und Geruchsnerven oftmals gewöhnungsbedürftig.
Natto gehört zu den Vitamin K2-reichsten Lebensmitteln (da K2 während der Fermentation bakteriell gebildet wird) und enthält die körpereigene Substanz Spermidin.
Als Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform sind sowohl Nattokinase als auch Natto-Extrakt erhältlich.