Das Wichtigste in Kürze:
- Der ORAC-Wert gibt an, wie viele freie Radikale durch eine Substanz oder ein Produkt bzw. Nahrungsergänzungsmittel im Laborversuch neutralisiert werden können.
- Dieser Messwert kann keine Aussage darüber treffen, was im menschlichen Körper passiert.
- Die Werbung damit ist verboten.
In Berichten über pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel, z.B. mit Acai, Aronia, Granatapfel, Maqui, Gemüse- und Obst-Extrakten, OPC/Resveratrol oder Antioxidantien, sowie ACE-Produkte wird immer wieder einmal ein besonders hoher ORAC-Wert herausgestellt, um die antioxidative Wirkung des Produkts zu belegen.
ORAC steht für "Oxygen Radical Absorbance Capacity", also die Fähigkeit, Sauerstoffradikale abzufangen. Der Wert gibt an, wie viele freie Radikale pro Gramm Saft oder Frucht neutralisiert werden können, beschreibt also eine chemische Eigenschaft des gemessenen Lebensmittels. Die hohen ORAC-Werte für bestimmte Früchte bzw. Fruchtextrakte sind jedoch reine Laborwerte, die sich beim Menschen nach dem Verzehr nicht wiederfinden.
Bei der Messung wird ein Vitamin-E-Abkömmling (Trolox) als Vergleichsstoff (Referenz) verwendet. Daher wird das Ergebnis häufig in sogenannten "Trolox-Äquivalenten" (µg TE pro 100 g oder pro ml) angegeben. Die Angabe "ORAC-Wert von 1000" wäre völlig nichtssagend ohne die Angabe der Maßeinheit und damit auch nicht vergleichbar.
Werbung mit ORAC ist verboten
Die bei der ORAC-Messung ablaufende Reaktion findet im menschlichen Körper so gar nicht statt. Damit ist die Werbung irreführend gemäß Lebensmittelinformationsverordnung (Artikel 7, Absatz 1b), also unzulässig. Darüber hinaus müsste auch die Bioverfügbarkeit der antioxidativen Inhaltsstoffe bekannt sein. Unter Bioverfügbarkeit wird bei Inhaltsstoffen von Lebensmitteln verstanden, ob der Stoff überhaupt und wenn ja wie viel tatsächlich vom Körper aufgenommen wird.
Nicht zuletzt hat der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger bereits 2011 festgestellt, dass es sich bei der Angabe des ORAC-Wertes um eine unzulässige nährwertbezogene Angabe gemäß Health Claims-Verordnung handelt. Danach dürfen nur solche Angaben zum Nährstoffgehalt eines Lebensmittels gemacht werden, die explizit per Gesetz erlaubt sind. Beispiele dafür sind "glutenfrei", "reich an Vitamin XY", "salzarm" o.ä. Das gilt nicht nur für Aufschriften auf der Produktverpackung, sondern auch für Werbeanzeigen oder Internetseiten.
Quellen:
Stellungnahme des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) Nr. 2011/55: Angabe von ORAC-Werten. 98. Sitzung am 25./26.10.2011 in Münster
Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, Anhang "Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung", in der Fassung vom 13.12.2014
Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, in der Fassung vom 01.01.2018