Wenn Sie ansonsten gesund sind und abwechslungsreich essen, benötigen Sie in der Regel keine Nahrungsergänzung. Generell werden die gleichen Nährstoffmengen bei Vitaminen und Mineralstoffen empfohlen wie für jüngere Erwachsene. Bei Vitamin E ist die Empfehlung etwas niedriger aufgrund des geringeren Energiebedarfs und des damit einhergehenden niedrigeren Bedarfs an ungesättigten Fettsäuren, die von Vitamin E vor Oxidation geschützt werden müssen. Aufgrund der ausbleibenden Menstruation ist der Bedarf an Eisen bei älteren Frauen erheblich niedriger.
Laut Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) gibt es keinen Grund für die regelmäßige Bestimmung des Vitamin-B12- oder Vitamin-D-Spiegels bei symptomlosen Älteren. Ein gesundheitlicher Vorteil sei daraus nicht zu erwarten, so die Wissenschaftler:innen.
Einige Nährstoffe bedürfen jedoch Ihrer Aufmerksamkeit:
Vitamin D nimmt eine Sonderrolle unter den Vitaminen ein, da hierzulande nur etwa 10 bis 20 Prozent über die Nahrung aufgenommen und 80 bis 90 Prozent mithilfe von UVB-Licht in der Haut gebildet wird. Deshalb ist es wichtig, möglichst täglich für eine halbe Stunde Sonnenstrahlen an die Haut kommen zu lassen.
Da aber mit dem Alter die Fähigkeit der Haut, Vitamin D zu bilden, deutlich abnimmt, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung vor allem Senior:innen über 65 Jahren, die wenig Zeit im Freien verbringen, sowie mobilitätseingeschränkten, chronisch kranken und pflegebedürftigen älteren Menschen (Pflegeheimbewohner, geriatrische Patienten) - am besten nach Rücksprache mit dem Arzt - täglich 20 Mikrogramm Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Sollte bereits ein Mangel vorliegen, ist dieser über entsprechende Arzneimittel zu beheben.
Ein niedriger Vitamin-D-Status verringert auch die Aufnahme von Calcium (Kalzium) aus dem Darm. Beide Nährstoffe sind wichtig für die Funktion der Skelettmuskulatur. Die Nationale Verzehrsstudie II zeigte zudem, dass vor allem Personen ab 65 Jahren die Zufuhrempfehlungen für Calcium deutlich unterschreiten. Das dürfte auch weiterhin gelten, zumal der Verzehr an Milchprodukten und Frischkäse in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Etwa ab dem 35. Lebensjahr überwiegt der Knochenabbau. Es wird kaum noch Calcium eingelagert, die Knochenmasse nimmt kontinuierlich ab. Wenn nun mit der Nahrung zusätzlich zu wenig Calcium aufgenommen wird, schreitet der Knochenabbau umso schneller voran. Dadurch steigt das Risiko im Alter, an Knochenbrüchen zu leiden, enorm.
Obwohl ausreichend Vitamin B12 durch die Nahrung aufgenommen wird, kann bei Senior:innen ein B12-Mangel entstehen. Aufgrund der altersbedingten verringerten Magensäureproduktion oder aufgrund von Magenschleimhautentzündungen kann die Aufnahme des Vitamin B12 verringert sein. 30 Prozent der über 65-Jährigen entwickeln eine atrophische Gastritis, bei ihnen kann eine Nahrungsergänzung sinnvoll sein. Zur Beurteilung dient die Messung der Vitamin-B12-Konzentration im Blutplasma. Wer häufiger Magenprobleme hat, sollte beim Arztbesuch fragen, ob diese Untersuchung sinnvoll ist.
Für eine ausreichende Jod-Versorgung sollten Sie mindestens einmal in der Woche Seefisch essen (kann auch zum Beispiel Hering aus der Dose als Brotbelag sein) und im Haushalt unbedingt jodiertes Speisesalz (maximal 6 Gramm Salz pro Tag insgesamt) verwenden, Nahrungsergänzungsmittel mit Jod sollten Sie nicht ohne ärztlichen Rat verwenden.
Worauf sollte ich bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln für 65+ achten?
- Nahrungsergänzungsmittel sind nur dazu bestimmt, die normale Ernährung zu ergänzen. Anders als Arzneimittel sind sie nicht zur Heilung, Linderung oder zur Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden bestimmt. Daher sind sie auch weniger genau dosiert, enthalten meist andere Extrakte und werden nicht behördlich zugelassen.
- Bei pflanzlichen oder sonstigen Stoffen, die zum Beispiel in Produkten gegen Vergesslichkeit im Alter, zum Erhalt des Bewegungsapparates oder zur Reduzierung des oxidativen Stresses angeboten werden, kann es zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen. Grundsätzlich sollten Sie vor der Verwendung beim Arztbesuch über Ihren Wunsch nach Nahrungsergänzungsmitteln sprechen, um dies zu verhindern. Alternativ können Sie sich auch in der Apotheke beraten lassen.
- Wichtig: Wenn Sie Biotin nehmen, unbedingt dem ärztlichen Personal Bescheid sagen, da dieses Vitamin Untersuchungen auf Herzinfarkt (Biomarker) verfälscht.
- Wenn Sie mehrere Nahrungsergänzungsmittel verwenden, sollten Sie vor allem darauf achten, dass es nicht zu einer Überdosierung bei einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen kommt, weil manche Nährstoffe in mehreren Produkten enthalten sind. Neben der maximalen Tagesmenge aus Nahrungsergänzungsmitteln ist auch die Menge in solchen Lebensmitteln zu berücksichtigen, bei denen Hersteller Vitamine und Mineralstoffe extra zugesetzt haben.
- Die häufig beworbenen Wirkungen für Pflanzenstoffe wie Knoblauch, Ginkgo, Rosenwurz oder Traubenkernextrakt/Resveratrol (OPC) in Form von Nahrungsergänzungsmitteln sind im Gegensatz zu entsprechenden Arzneimitteln meist nicht wissenschaftlich bewiesen. Die Extrakte in Nahrungsergänzungsmitteln sind anders als bei Arzneimitteln nicht standardisiert und können sich zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.